Schiene stärken - Gemeinsame Kernforderungen der Eisenbahnverbände zur Bundestagswahl 2025

Die Eisenbahn spielt eine zentrale Rolle in der Bewältigung der verkehrs- und klimapolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Sie bietet sowohl im Personenverkehr als auch im Gütertransport Lösungen, die den Bedürfnissen der Menschen und der Wirtschaft gerecht werden, während sie gleichzeitig einen essenziellen Beitrag zum Klimaschutz leistet.

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 haben die acht führenden Eisenbahnverbände Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Allianz pro Schiene, mofair, Verband der Güterwagenhalter in Deutschland (VPI), Verkehrsclub Deutschland (VCD), Bundesverband SchienenNahverkehr, Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) und DIE GÜTERBAHNEN/Netzwerk Europäischer Eisenbahnen ihre Kernforderungen in einem gemeinsamen Papier zusammengefasst. Diese Forderungen adressieren die dringlichsten Handlungsbedarfe, um die ambitionierten Verlagerungsziele des Bundes zu erreichen: die Verdopplung der Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr und die Steigerung des Marktanteils des Schienengüterverkehrs auf 25 Prozent bis 2030.

Daher müssen die nachfolgenden Maßnahmen in der kommenden Legislaturperiode mit höchster Priorität angepackt und umgesetzt werden. Sie bilden die Grundlage für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik, die die Potenziale der Schiene voll ausschöpft.

Die drei Kernforderungen

Nummer 1 auf einem Bild mit der Aufschrift: 'Verlässliche und auskömmliche Finanzierungsarchitektur für die Eisenbahninfrastruktur schaffen'. Im Hintergrund eine Draufsicht auf Menschen, die mit Koffern in einem Bahnhofsbereich unterwegs sind.

Eine verlässliche und auskömmliche Finanzierungsarchitektur für die Eisenbahninfrastruktur, einschließlich der Schaffung einer überjährigen Fondslösung. Der Bund soll dazu den Mittelbedarf insbesondere ableiten aus:

  • einer Ersatzinvestitions- und Instandhaltungsstrategie inklusive einer Durchfinanzierung der Sanierung
  • einer Leitstrategie des Bundes für Ausbau und Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur
  • der Digitalisierung der Infrastruktur einschließlich Fahrzeuginvestitionen
  • der Modernisierung der deutschen Eisenbahninfrastruktur

Die Finanzierungsarchitektur im Detail

Mehr Verkehr auf der Schiene ist nur mit einer leistungsfähigen, störungsarmen und resilienten Eisenbahninfrastruktur möglich. Unverzichtbar hierfür ist eine langfristig verlässliche und auskömmliche Finanzierungsgrundlage. Diese muss durch die Schaffung und gesetzliche Verankerung einer überjährigen Fondslösung für die Eisenbahninfrastruktur gewährleistet werden, die sich an einer klaren Leitstrategie des Bundes für die Entwicklung und Ausstattung des Eisenbahnnetzes in Deutschland orientiert.

Der Bund sollte dazu den Mittelbedarf insbesondere ableiten aus

  1. einer dauerhaft anzulegenden präventiven Ersatzinvestitions- und Instandhaltungsstrategie. Dies beinhaltet auch die verlässliche Durchfinanzierung der notwendigen Sanierung einschließlich der Folgekosten für Unternehmen im Güter- und Personenverkehr.
  2. einer langfristig angelegten Leitstrategie des Bundes für Ausbau und Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur einschließlich der Knoten, die mehr Güter- und Personenverkehr auf der Schiene möglich macht. Die Basis dafür liegt bereits vor: Der Deutschlandtakt muss jetzt durch ein verbindliches stufenweises Umsetzungskonzept („Etappierungskonzept“) konkretisiert werden.
  3. der Digitalisierung der Infrastruktur einschließlich der daraus resultierenden Fahrzeuginvestitionen, die auf die Fahrzeuge übertragene Signaltechnik (Fahrzeuggeräte) betreffen. Der Bund ist aufgefordert, eine realistische und verlässliche Einführungs- und Finanzierungsstrategie für die Modernisierung der Leit- und Sicherungstechnik mit ETCS und digitalen Stellwerken vorzulegen.
  4. der zeitgemäßen Modernisierung der deutschen Eisenbahninfrastruktur. Dies betrifft insbesondere die zügige weitere Elektrifizierung des Netzes und die Modernisierung auch des Regionalnetzes.

Die Umsetzung und die Finanzierung der Maßnahmen sind in einem fünfjährigen und jährlich fortzuschreibenden Infraplan des Bundes unter Beteiligung der Bahnbranche darzulegen. Der Infraplan muss dabei Transparenz schaffen und in Verknüpfung mit einer weiterentwickelten Leistungsvereinbarung für die Bahnen des Bundes eine verbindliche Realisierung ermöglichen. Die Sanierung und Verbesserung des Bestandsnetzes ist durch Kennzahlen, wie z. B. geeignete Netzzustandsnoten, nachzuweisen.

Die Finanzierung der Infrastruktur der nichtbundeseigenen Eisenbahnen ist so anzupassen, dass diese ihre Aufgaben als unverzichtbarer Teil des Systems Eisenbahn erfüllen können.

Bild mit der Aufschrift: '2. Infrastrukturentgelte reformieren'. Im Hintergrund eine Nahaufnahme von Bahngleisen mit Betonschwellen und technischen Komponenten, die eine moderne Schieneninfrastruktur zeigen.

Die Reform des Systems der Infrastrukturentgelte, um wettbewerbsfähige Bedingungen für alle Marktsegmente des Schienenverkehrs zu schaffen. Insbesondere durch

  • die europaweit als Regelfall angelegte "Grenzkostenbepreistung" und Finanzierung der verbleibenden, nicht gedeckten Infrastrukturkosten
  • geeignete Fördermaßnahmen, vor allem Trassenpreisförderung

Die Reform des Systems der Infrastrukturentgelte im Detail

Das System der Infrastrukturentgelte ist reformbedürftig. Vor allem die zuletzt mehrfach erfolgte Erhöhung des Eigenkapitals der DB InfraGO AG und die gesetzlich fixierte einseitige Begrenzung der Trassen- und Stationsentgelte für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV), des mengenmäßig größten Verkehrssegments auf der Schiene, führen zu überproportional steigenden Entgelten im Schienengüter- und Schienenpersonenfernverkehr. Da die Infrastrukturentgelte jeweils nur für ein einzelnes Fahrplanjahr gelten, kommt unternehmensseitig eine hohe Unsicherheit über die weitere Entwicklung als negatives Momentum hinzu. Die verkehrspolitischen Ziele sind unter diesen Rahmenbedingungen – trotz aller unternehmerischer Anstrengungen der Bahnen – nicht zu erreichen.

Die Verbände fordern den Gesetzgeber daher auf, den Rechtsrahmen zur Kalkulation der Infrastrukturentgelte im bundeseigenen Netz umgehend den Erfordernissen des Marktes anzupassen. Hierzu zählen eine faire, den verkehrspolitischen Zielsetzungen entsprechende Verteilung der Lasten und die Gewähr, dass zumindest innerhalb eines definierten Entwicklungspfades die Preise stabil bleiben können. Aus Sicht der Verbände sind dabei insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

  1. Mit der europaweit als Regelfall angelegten „Grenzkostenbepreisung“ (unmittelbare Kosten der Zugfahrt) und entsprechender Finanzierung der verbleibenden, nicht gedeckten Infrastrukturkosten könnte die Belastung der Verkehrsunternehmen deutlich gemindert und ein dauerhaft wirksames Preissignal „pro Schiene“ gesendet werden.
  2. Bis zur Wirksamkeit eines reformierten Rahmens sollte der Gesetzgeber die besonders belasteten Verkehrsarten durch geeignete Fördermaßnahmen (vor allem Trassenpreisförderung) entlasten und so dazu beitragen, die Kunden auf der Schiene zu halten.
Nummer 3 auf einem Bild mit der Aufschrift: 'Schienenverkehr in den Verkehrsmärkten voranbringen'. Im Hintergrund eine Güterzuglokomotive der Marke 'Captrain', die auf einem Gleis durch eine grüne Landschaft fährt.

Die Stärkung des Schienengüter- und Schienenpersonenverkehrs durch Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Innovationen sowie die Sicherung der Finanzierung des Deutschlandtickets und den Ausbau des Nahverkehrs.

Die Stärkung des Schienengüter- und Schienenpersonenverkehrs im Detail

Schienengüterverkehr

Der Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland ist auf einen leistungsfähigen und modernen Schienengüterverkehr angewiesen. Systemvorteile wie Energieeffizienz und geringe CO2-Emissionen werden immer wichtiger. In den vergangenen Jahren ist der Schienengüterverkehr in Deutschland stark gewachsen, die Potenziale für einen deutlich höheren Marktanteil sind aber noch bei weitem nicht ausgeschöpft.

Die Marktakteure wollen weiter in den Ausbau des Schienengüterverkehrs investieren. Hierzu brauchen sie neben einer leistungsfähigen Infrastruktur auch Planungssicherheit und faire intermodale Wettbewerbsbedingungen, um eigenwirtschaftliche Verkehre durchführen zu können.

Der Bund sollte daher

  1. die zentralen Achsen des Schienennetzes kurzfristig leistungsfähiger machen und die Ausstattung mit weiteren Überhol-, Abstell- und Verladegleisen mit mindestens 740 Metern Nutzlänge beschleunigen;
  2. für den Güterverkehr mehr Zugänge zum Schienennetz schaffen und bestehende ausbauen (Gleisanschlüsse, KV-Terminals, multimodale Ladestellen, vorgelagerte Infrastruktur);
  3. die Marktakteure bei der Einführung von Innovationen, wie zur Automatisierung des Zugbetriebs im Güterverkehr, unterstützen und die erheblichen Implementierungskosten ausgleichen. Dazu gehört auch, die Entwicklung der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) als eine Schlüsseltechnologie für mehr Effizienz im Schienengüterverkehr weiter voranzutreiben.

Schienenpersonenverkehr

Der Schienenverkehr ist im Nahverkehr wie über längere Distanzen das Rückgrat des öffentlichen Personenverkehrs. Dabei sind dessen Potenziale noch nicht ausgeschöpft. Der Gesetzgeber muss daher die Finanzierung für den weiteren Ausbau des Nahverkehrs sichern und den Rechtsrahmen so weiterentwickeln, dass die Chancen weiterer Marktsegmente wie z. B. des internationalen Fernverkehrs unternehmerisch besser genutzt werden können.

Die zukünftige Bundesregierung muss sich, gemeinsam mit den Ländern, zügig der Aufgabe stellen, die Alltagsmobilität vor Ort und in der Region zu sichern. Dafür braucht es auch attraktive Bahnhöfe mit guter Anschlussmobilität. Um die Nutzung des öffentlichen Verkehrs zu erleichtern, müssen durchgehende Tickets die Regel werden.
Nicht nur die Verkehrsunternehmen, sondern nicht zuletzt auch die Nutzerinnen und Nutzer erwarten ein klares Signal, dass die Finanzierung des Angebots im Nahverkehr gesichert ist, und zwar einschließlich weiterer Ausbaustufen und der Absicherung des Deutschlandtickets. Das Mittel der Wahl ist hier ein Aufwuchs der Regionalisierungsmittel, der dieser Aufgabe angemessen ist.

Beim eigenwirtschaftlichen Personenfernverkehr ist die längerfristig belastbare unternehmerische Bewertung von besonderer Bedeutung. Mit Blick auf die seit mehreren Legislaturen gesetzte Forderung der Verbände, den Deutschlandtakt als wegweisendes Gesamtkonzept aus der Branche für die Branche zu platzieren, muss der zukünftige Rahmen unternehmerisches Engagement nicht nur erlauben, sondern vielmehr gezielt anreizen. Wesentliche Elemente hierbei sind neben dem (grundsätzlich) freien Netzzugang:

  1. Ein wettbewerblich ausgerichteter Marktrahmen, ausgehend von einem (grundsätzlich) eigenwirtschaftlichen Fernverkehr. Dazu bereits angestoßene Überlegungen sind gemeinsam mit der Branche in der nächsten Legislatur abzuschließen.
  2. Auch das bereits angesprochene Preisniveau für Trassen und Stationen kann ein wirksamer Hebel sein, privates Kapital in den Markt zu holen und die Angebote im Sinne der Fahrgäste auszuweiten.
  3. Die angekündigte EU-Kapazitätsverordnung muss Deutschlandtakt-kompatibel in diesem Rahmen ausgestaltet werden.

Download

Titelseite einer Broschüre mit dem Titel 'SCHIENE STÄRKEN'. Untertitel: '3 Kernforderungen zur Bundestagswahl 2025'. Das Cover zeigt oben vier Personen mit Rollkoffern auf einem Bahnhof und unten eine Güterzuglokomotive der Marke 'CAPTRAIN' auf einer eingleisigen Strecke durch grüne Landschaft. Im Hintergrund ist ein Foto von Bahngleisen in einer frostigen Landschaft verblasst dargestellt.

Die acht Bahnverbände haben zu Beginn des Wahljahrs 2025 ihre drei wichtigsten Forderungen an die nächste Bundesregierung formuliert. Damit zeigt die Branche auf, wie Deutschland die ehrgeizigen Ziele für die Schiene in diesem Jahrzehnt erreichen kann.