Gastbeitrag: Für eine echte Verkehrswende braucht es politischen Mut! Die Klimakrise ist neben der Bewältigung der Corona-Pandemie die größte Herausforderung unserer Zeit! Wir müssen das 1,5 Grad Ziel errei- chen, um die Klimakatastrophe und deren Folgen in den Griff zu kriegen. Dafür sind Maßnahmen im Verkehrssektor auf allen Ebenen erforderlich. Ich stehe dazu: Nicht jede Maßnahme wird bei den Menschen sofort auf Gegenliebe stoßen. Das zeigt die Debatte um Tempo 130 km/h auf Autobahnen. Bei uns in Bremen wird beispielsweise über die Planungen für eine autofreie Innenstadt diskutiert. Ich verstehe, dass diese Veränderungen zunächst die Gemüter erhit- zen können. Trotzdem: Um unsere Klimaziele zu erreichen, brauchen wir eine echte Verkehrswende und damit ein Umsteuern in der Mobilitätspolitik. Besonders für den motorisierten Individualverkehr wird es Veränderungen geben müssen! Dabei spielen der Ausbau und die Stärkung des ÖPNV eine zentrale Rolle. Unser Ziel ist, die Fahrgastzahlen bis 2030 zu verdoppeln. Gelingen wird das nur, wenn Bund, Länder, Kommunen, SPNV und ÖPNV gemeinsam Hand in Hand arbeiten. Seit über einem Jahr leben wir in einer Pandemie. Sie alle wissen, dass die Fahrgastzahlen aktuell trotz aller Anstrengungen reduziert sind. Hier sind alle gefordert, auch in diesem Jahr einen ÖPNV-Rettungsschirm aufzuspannen und hälftig zu finanzieren. Ebenso ist eine adäquate Erhöhung der Regionalisierungsmittel für alle Länder ab 2022 erforderlich. Eine starke Schiene ist die Grundvoraussetzung für nachhaltige Mobilität. Ich fordere daher die Reaktivierung von Bahnstrecken für den Perso- nenverkehr intensiver voranzutreiben. Die Nutzung von verschiedenen Fortbewegungs- arten hat sich durch die Corona-Pandemie verän- dert. Bundesweit gehen die Menschen häufiger zu Fuß oder steigen um aufs Rad. Die gesamte Fahr- radbranche erlebt momentan einen regelrechten Boom – das freut mich sehr! Sie haben Fragen oder Anregungen zum Thema? hauptstadtbuero@vdv.de ∙ 030 399932-17 Bremen beispielsweise hat kürzlich erneut den ersten Preis des ADFC beim Fahrradklimatest im Bereich Großstädte bekommen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, auch wenn es natürlich noch viel zu tun gibt. Mit Fahrrad- premiumrouten, vier Radbrücken über die Weser, Fahrradzonen, Protected Bike Lanes, einer Lasten- rad-Förderung uvm. wollen wir unseren Ruf als Fahrradstadt verstetigen. Eine Ausweitung der Förderprogramme des Bundes für den Radverkehr, die über Einzelmaßnahmen hinausgeht, ist daher bedeutsam. Den Fußverkehr sollten wir dabei nicht außer Acht lassen. Die Sicherheit für Fußgänger*innen zu erhöhen und damit die umweltschonendste und natürlichste Fortbewegungsart in unseren Städten zu stärken, zählt neben der Förderung des ÖPNV und des Radverkehrs zu unseren Schwerpunkten. Übrigens: das Mobilitätsverhalten von Frauen und Männern unterscheidet sich. Wir sollten in den Verkehrsplanungen diese unterschiedlichen Bedarfe von vornherein gleich mitdenken. Dass für all diese genannten Maßnahmen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, ist Grundvoraussetzung für eine gelingende Verkehrswende. Ich wünsche mir aber bei der Umsetzung vor Ort genau so viel Weitsicht und politischen Mut, damit die Verkehrswende zum Schutz der Menschen und des Klimas schnellst- möglich gelingt. Dr. Maike Schaefer Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadt- entwicklung und Wohnungsbau der Freien Hansestadt Bremen und Vorsitzende der Verkehrs- ministerkonferenz Politikbrief 01 | April 2021 | Seite 2