Pressemitteilungen des VDV

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Klimaschutz im Verkehr braucht ein erfolgreiches Deutschland-Ticket und eine Ausbauoffensive im ÖPNV

VDV zieht verhalten positive Bilanz nach Corona und 9-Euro-Ticket

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Branchenverband des öffentlichen Personen- und des Schienengüterverkehrs in Deutschland, hat heute in Berlin die ÖPNV-Bilanz des Jahres 2022 präsentiert: Die anhaltende Corona-Pandemie, die Energiekrise und die stark steigende Inflation haben die Fahrgastahlen deutlich nach unten gedrückt. Durch das 9-Euro-Ticket, das im letzten Jahr bundesweit für drei Monate galt, konnten allerdings zahlreiche Fahrgäste zurück und neu hinzu gewonnen werden. Die Branche blickt daher positiv auf das kommende Deutschland-Ticket.

VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Wir kommen aus einem spannenden, herausfordernden Jahr: im ersten Halbjahr weiterhin Corona plus Krieg in der Ukraine mit der Folge der Energiekrise und der Inflation. Und daraus folgend im Sommer das 9-Euro-Ticket sowie die Debatte um das Deutschland-Ticket. Das hat die Branche deutlich gespürt und spürt es bis heute: Wir haben uns zwar gegenüber 2021 bei den Fahrgastzahlen wieder gesteigert, sind aber noch immer nicht bei der Nachfrage aus dem Rekordjahr 2019.“

Fahrgastzahlen bei 90 %, 9-Euro-Ticket hat Nachfrage temporär stark erhöht
Aktuell liegen die ÖPNV-Fahrgastzahlen im bundesweiten Durchschnitt bei etwa 90 % der Nachfrage, die es im bisherigen Rekordjahr 2019 gab. Damals zählten die Verkehrsunternehmen und Verbünde etwa 10,4 Milliarden Fahrten, im Jahr 2022 waren es laut Prognose rund 9,3 Milliarden. „Wir haben also noch Potenzial bei den Fahrgastzahlen, aber nach über zwei Jahren Coronapandemie, einer Energiekrise und extrem steigender Inflation sind wir mit der aktuellen Nachfrage im ÖPNV nicht unzufrieden. Wir haben auch deutlich gemerkt, dass das 9-Euro-Ticket in den drei Monaten seiner Gültigkeit die Fahrgastzahlen deutlich erhöht hat. Und was uns dabei positiv nach vorne blicken lässt: viele sind auch danach bei uns geblieben, wenn auch leider nicht alle“, so Wortmann.

9-Euro-Ticket: fast 30 % der Neukunden nutzen weiterhin ÖPNV
Die abschließende Marktforschung zum 9-Euro-Ticket, die nach dem Aktionszeitraum zwischen September und November bundesweite repräsentativ  durchgeführt wurde, liefert dabei für die Branche einige interessante Ergebnisse hinsichtlich der Planungen für das kommende bundesweit gültige Deutschland-Ticket:

  • 12 % der Bundesbürger geben an, dass sie die 9-Euro-Ticket-Aktion veranlasst hat, den ÖPNV auch danach häufiger zu nutzen.
  • Fast 30 % der durch das 9-Euro-Ticket gewonnenen Neukunden, die den ÖPNV zuvor nicht genutzt haben, sind zwischen September und November weiterhin mit uns gefahren. Dies entspricht etwa 1,8 Millionen Fahrgästen.
  • Nochmal etwa 1,6 Millionen Fahrgäste gaben an, dass sie nach der Aktion häufiger ÖPNV nutzen als vorher (vorher „seltener als zweimal im Jahr“, jetzt „mindestens einen Tag im Monat“).
Allerdings hat die Befragung nach dem 9-Euro-Ticket auch gezeigt, dass die Häufigkeit von Autofahrten bei den Befragten wieder auf dem alten Niveau liegt. „Von den zahlreichen verlagerten Pkw-Fahrten ist nach Ende der Aktion nicht viel übrig geblieben. Das darf aber auch nicht verwundern, denn innerhalb von nur drei Monaten ändern die Menschen ihr Mobiltätsverhalten nicht dauerhaft. Wir sehen also in dieser Entwicklung eher das Potenzial, diese Zielgruppen mit einem längerfristigen Angebot wie dem Deutschland-Ticket wieder vom ÖPNV zu überzeugen“, erläutert Wortmann.

Blick nach vorne: Deutschland-Ticket, Ausbau- und Modernisierungsoffensive
Bis zur Einführung des Deutschland-Tickets gibt es noch zahlreiche Prozesse, die sowohl politisch als auch von den Verkehrsunternehmen und Verbünden umgesetzt werden müssen. Trotzdem blickt die Branche mit großer Erwartung auf das Ticket: „Wir wollen das Deutschland-Ticket zum Erfolg werden lassen. Erfolg heißt in dem Fall: deutlicher Fahrgastzuwachs und gute Beförderungsqualität für möglichst alle Kundinnen und Kunden, auch wenn es mal voller wird“, so Wortmann.

In einer ersten Abschätzung prognostiziert der VDV dabei mit rund 5,6 Millionen Neueinsteiger*innen, die im Rahmen des Deutschland-Tickets erstmals ein ÖPNV-Abo abschließen könnten. Zudem geht der Verband von etwa 11,3 Millionen „Umsteiger*innen“ aus, also Fahrgästen, die aus einem anderen Abo in das neue Angebot wechseln werden.

Bevor das Deutschland-Ticket tatsächlich verkauft werden kann, sind jedoch noch zahlreiche Vorarbeiten und politische Beschlüsse nötig. So fehlen unter anderem noch die Rückmeldung der EU-Kommission zur beihilferechtlichen Prüfung, eine bundesweite Tarifgenehmigung sowie vor allem die Anpassung des Regionalisierungsgesetzes mit dem die Mittel zur Finanzierung und Sicherung der Liquidität der Branche sichergestellt werden müssen. „Aus unserer Sicht kann es am 01.05. losgehen mit dem Deutschland-Ticket, also Verkauf ab Anfang April. Aber natürlich müssen vorher die politischen Beschlüsse vorliegen, denn wir brauchen eine belastbare Rechtsgrundlage, sonst können wir das Ticket nicht verkaufen. Der Ball liegt diesbezüglich beim Bundesverkehrsministerium“, so Wortmann.

Zu guter Letzt weißt der VDV im Zuge der Debatten ums Deutschland-Ticket darauf hin, dass allein mit einem günstigen bundesweiten Nahverkehrsticket die Klimaschutzziele im Verkehrssektor bis 2030 nicht zu erreichen sind. Daneben muss es, wie bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart, eine Ausbau- und Modernisierungsoffensive für die ÖPNV-Systeme geben. Dazu zählen neben deutlicher Kapazitätsausweitung auch neue Straßenbahn- und U-Bahn-Projekte sowie die Sanierung, Instandsetzung und der barrierefreie Ausbau der vorhandenen Infrastrukturen. „Die Einführung des Deutschland-Tickets stellt uns ohne Frage vor große Herausforderungen. Aber ungleich größer ist die Mammutaufgabe, die wir hinsichtlich der Modernisierung und des Ausbaus des gesamten deutschen ÖPNV-Systems vor uns haben. Dies wird nur mit überparteilichem Konsens von Bund und Ländern gemeinsam mit der Branche gelingen. Wir haben ja bereits vor drei Jahren die entsprechenden Zahlen dazu gutachterlich ermitteln lassen: Allein im Jahr 2030 fehlen dem ÖPNV elf Milliarden Euro für Investitionen ins System. Durch die Energiekrise und die steigende Inflation ist dieser Bedarf inzwischen eher noch gestiegen“, so Wortmann abschließend.