Pressemitteilungen des VDV

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„Nicht zulassen, dass Plattformbetreiber Gewinne privatisieren und öffentliche Hand mit Kosten zurückbleibt“

VDV-Positionspapier zu multimodalen digitalen Mobilitätsdiensten

Zu Beginn des 7. VDV-Symposiums zur Multimodalität und im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens auf EU-Ebene veröffentlicht der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) – Branchenverband für über 600 Verkehrsunternehmen und -verbünde des öffentlichen Personen- und des Eisenbahnverkehrs – ein VDV-Positionspapier zu multimodalen digitalen Mobilitätsdiensten. VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: „Es geht um die Frage, wer zukünftig Zugang zu den Kundinnen und Kunden hat, sowie um die Frage, ob in einem nicht profitabel zu betreibenden Geschäft von privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen Gewinnmargen im Vertrieb erzielt werden sollen, während alle für die Wertschöpfung nötigen Investitionen und laufenden Kosten den Verbünden und Verkehrsunternehmen – und damit der öffentlichen Hand – überlassen werden.“ Das Papier dient der Diskussion auf EU-Ebene: Für Anfang 2023 hat die Europäische Kommission eine Gesetzesinitiative für multimodale, digitale Verkehrsdienste (MDMS) angekündigt, die sich auf den Vertrieb auswirken könnte. Rund 100 Fachleute und Interessierte nehmen am VDV-Symposium in Darmstadt teil.

In zehn Eckpunkten wird herausgestellt, wie ein europäischer Gesetzesrahmen mit Augenmaß gelingen kann – ohne dass Verkehrsunternehmen und -verbünde, aber auch Kommunen und Länder, letztlich ihrer finanziellen und organisatorischen Grundlagen zu Lasten der Fahrgäste beraubt werden. Der VDV setzt sich für die zunehmende Digitalisierung der Tarife und Tickets, sowie für den gegenseitigen Vertrieb zwischen Verkehrsunternehmen und Verbünden ein. Die Maßgabe hierfür ist die Vertragsfreiheit, eine faire Abrechnung im Hintergrund, und dass jeder seine Stammkunden behält. Die Brancheninitiativen „Mobility inside“, „gegenseitiger Verkauf“ und „Deutschlandtarifverbund“ zeigen das hohe Engagement der Verkehrsunternehmen und der Aufgabenträger zur integrativen und durchgängigen kundenfreundlichen Lösung von Tarif- und Vertriebsfragen.

VDV-Eckpunkte stellen Ausbau des ÖPNV für Klimaschutz sicher
„Für eine integrierte kundenfreundliche Zusammenarbeit sind souveräne Datenräume und brancheneigene Mobilitätsplattformen notwendig, jedoch keine zwangsweise Öffnung des Vertriebs“, so Oliver Wolff. Für den Fall, dass die Kommission eine solche anstrebt, enthält das Eckpunktepapier Vorschläge für eine Regulierung mit Augenmaß. Die Eckpunkte in gekürzter Form:

  1. Subsidiarität: Konzentration auf den grenzüberschreitendenden Fernverkehr, Regulierung des ÖPNV nur als erste und letzte Meile für Fernverkehrsverbindungen.
  2. Vertragsfreiheit: Die Entscheidung, ob mit bestimmten Industriepartnern oder Plattformen kooperiert werden soll oder nicht, muss in jedem Unternehmen bzw. Verbund selbst getroffen werden. Dazu gehört, ob und welche Fahrscheine zu welchen Konditionen verkauft werden sollen.
  3. Kommunale Mobilitätssteuerung: Bei der Errichtung großer Plattformen sind die Verkehrsverbünde oder Kommunen einzubinden.
  4. Mehrstufige Integration: Die Integration zwischen Verkehrsunternehmen und MDMS-Diensten sollte nicht über das hinausgehen, was im Sinne des Reisens nötig ist – also entweder die einfache Integration (Reise- und Preisinformation sowie Link zur ÖPNV-Website) oder fortgeschritten (Deep Link bzw. API).
  5. Beschränkung auf Einzeltickets: Die EU-Initiative sollte nur für Einzelfahrscheine gelten. Zeitkarten und Abonnements sollten davon nicht betroffen sein.
  6. Kosten- und Gewinnbeteiligung: Provisionen, die Verkehrsunternehmen für den Vertrieb an MDMS zahlen, müssen so geringgehalten werden, dass sie nicht zur Belastung für die Verkehrsunternehmen, Kunden und Steuerzahler werden. Sie sollten lediglich eine aufwandsbezogene Vergütung sicherstellen. Die Verkehrsunternehmen sollten ihre Daten oder Buchungssysteme auf keinen Fall kostenfrei oder zu marginalen Kosten weitergeben müssen.
  7. Faire und freiwillige Muster-Lizenzverträge: Verkehrsunternehmen und –verbünde müssen über ihre Lizenzverträge die wichtigsten Konditionen für den Vertrieb weiterhin selbst festlegen können.
  8. Gewährleistung der Sicherheit und Überprüfbarkeit von Fahrscheinen: Der EU-Vertragsrahmen sollte festlegen, dass das kontrollierende Unternehmen, welches den Fahrgast befördert, selbst die Regeln und Standards für seine Tickets sowie den Überprüfungsprozess festlegen muss.
  9. Verantwortung für den Kunden: Bei der einfachen bzw. fortgeschrittenen Integration ist das Verkehrsunternehmen bzw. der Sharing-Anbieter für die die Betreuung während der Reise verantwortlich. Bei der tiefen Integration kann in den B2B-Verträgen geregelt werden, wer verantwortlich ist. Im freien Verkauf wäre die Plattform grundsätzlich für den Kundenservice verantwortlich.
  10. Berücksichtigung der Datenwirtschaft und Datenreziprozität: Es muss sichergestellt werden, dass Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger jederzeit vollen Zugriff auf die Anfrage- und Nutzungsdaten bekommen, die bei der Vertriebsplattform eingegangen sind.

Durch Konkurrenz kaum Einsparpotenzial, nur Mehrkosten
Der VDV beteiligt sich aktiv an allen Schritten des seit Oktober 2020 laufenden Konsultationsverfahrens zur geplanten EU-Initiative. Der Kommissionsvorschlag wird im ersten Quartal 2023 erwartet. „Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass die Kommission keine Öffnung des Vertriebs vorgeben sollte. Denn bedauerlicherweise zeigt die Erfahrung, dass privatwirtschaftliche Mobility-as-a-Service-Anbieter dort, wo sie ermöglicht wurden, vermehrt in Konkurrenz mit den bestehenden Verkehrsunternehmen und Vertriebswegen um die bestehenden Kunden gehen. Die öffentlichen Verkehrsunternehmen in Deutschland haben zudem einen Wettbewerbsnachteil dadurch, dass sie neben digitalen Ticketing-Lösungen auch weiterhin dazu verpflichtet sind, analogen Vertrieb an Automaten und in Kundencentern zu gewährleisten. Da davon auszugehen ist, dass nur Monopolstellungen in der Plattformwirtschaft gewinnversprechend sind, sollte die Politik einen gemeinwohlorientierten Ansatz verfolgen“, so Wolff abschließend.

Das Positionspapier wird unter vdv.de/positionen veröffentlicht.