Ziel 1: Personen unterstützen, die Entscheidungen treffen und umsetzen

Für die Verkehrsverlagerung sind vor allem die Menschen ausschlaggebend, die über den Einsatz der Verkehrsträger und die Gestaltung von Infrastrukturen entscheiden. Genauso wichtig sind die Menschen, die diese Entscheidungen operativ umsetzen sollen.

Diese verantwortlichen Personen müssen von den Vorteilen der Schiene überzeugt sein und je nach individuellem Bedarf ausreichend qualifiziert werden.

Ein „Fitnessprogramm für Menschen ohne/mit wenig Bahnerfahrung“ sollte zu Beginn möglichst einfach gestaltet sein und erst mit zunehmender Komplexität von persönlichen Aufgabenstellungen schrittweise professioneller werden.

Handlungsfeld 1: Mit Vorteilen überzeugen

Die Schiene hat viele Vorteile gegenüber dem Straßengüterverkehr, von denen Wirtschaft, Politik und Bevölkerung profitieren können. Diese sollten besonders hervorgehoben werden.

Darzustellen sind die zwei großen Säulen des Schienengüterverkehrs, der kombinierte Verkehr und der Wagenladungsverkehr inkl. der spezifischen Vorteile der jeweiligen Transportmodi.

Ferner sind die Vorteile eines eigenen Gleisanschlusses oder einer Lkw-Hausbedienung bei multimodalen Transporten (kombinierter Verkehr und Wagenladungsverkehr) zu erläutern.

Schwierig ist das Image des Schienengüterverkehrs. Er gilt in der Wirtschaft als teuer und langsam, muss sich in der Politik häufig hinter dem Personenverkehr einordnen und gilt in weiten Teilen der Bevölkerung als störend.

Eine Mehrheit der Bevölkerung wünscht sich insbesondere aus Klimaschutzgründen eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, aber eben nicht vor der eigenen Haustür. Ein Ziel muss es daher sein, mit der Bevölkerung in einen konstruktiven Dialog zu kommen.

Maßnahmenvorschläge

1.1 Online-Angebot für Verlader und Speditionen realisieren, das die Vorteile des Schienengüterverkehrs, des eigenen Gleisanschlusses, des Wagenladungsverkehrs und des kombinierten Verkehrs darstellt.
Beteiligte: Bund, Verbände

1.2 Imagekampagne zur Hervorhebung der gemeinwirtschaftlichen Vorteile des Schienengüterverkehrs durchführen; Argumente für die Bevölkerung nennen, warum die Schiene für unser Gemeinwohl und jeden Einzelnen wichtig ist.
Beteiligte: Bund, Verbände

1.3 Realisierung und Unterstützung regionaler Dialogforen mit der Bevölkerung und Kommunen zur Steigerung der Akzeptanz von Schienengüterverkehr „vor der Haustür“.
Beteiligte: Länder, Kommunen, Verbände

Handlungsfeld 2: „Fit für die Schiene“ machen

In den letzten Jahren wurden kaum staatliche Maßnahmen ergriffen, die klimapolitischen Ziele im Verkehr in Ausbildung, Weiterbildung und Studium zu verankern und Bildungsangebote pro Schiene finanziell zu fördern. Hier muss eine Wende eingeleitet werden, sonst wird der Verkehrsträger Schiene bei den verantwortlichen Personen nicht die erste Wahl sein.

Erste Ansätze gibt es durch die „neue Standardberufsbildpositionen in der Berufsausbildung“, die es zu vertiefen und flächendeckend zu etablieren gilt.

Allen Branchen stehen wegen der demografischen Entwicklung große Generationswechsel bevor. Umso wichtiger ist es deshalb, Nachwuchskräfte in Logistikberufen oder Berufen mit Berührungspunkten zur Logistik „fit für die Schiene“ zu machen. Hier ist zudem bei Lerninhalten, Lernmitteln und Personen, die ausbilden und prüfen, anzusetzen.

Betriebliche Fortbildungsangebote werden zunehmend online angeboten. Diese Instrumente sollten auch für Menschen außerhalb der Bahnbranche geschaffen werden und durch Interaktionsmöglichkeiten auf den individuellen Bedarf der Schulungsperson ausgerichtet werden.

Aus- und Weiterbildung durch technisch und pädagogisch wertvolle Angebote sollte im Sinne von „Werde Klimaretter im Verkehr – mache dich fit für die Schiene“ als eine staatliche und gemeinwohlorientierte Aufgabe verstanden und nicht auf die Bahnbranche abgewälzt werden.

Maßnahmenvorschläge

2.1 Grundlagen schaffen in Ausbildung und Studium

  • Bestandsaufnahme aller Ausbildungsberufe, IHK-Fachwirte und Studiengänge mit Schwerpunkt Logistik und mit Inhalten zur Materialwirtschaft, Logistik und Nachhaltigkeit (auch in den Bereichen staatliche Planung, Wirtschaftsförderung , Immobilien, Bauen, alternative Energien, Agrar, Holz, Recycling …)
  • Inhaltliche Prüfung der Lerninhalte Schiene inkl. eingesetzter Lernmittel und deren Aktualisierung
  • Definieren eines bedarfsgerechten „Basiswissens Schiene“ in Ausbildungsberufen und Studiengängen mit einem Schwerpunkt auf Materialwirtschaft, Logistik und Nachhaltigkeit sowie dessen Berücksichtigung/ Aufnahme in die Ausbildungsordnungen sowie Lern- und Studienpläne
  • Qualifizieren der Personen, die ausbilden und prüfen

Beteiligte: Bund, Länder, Verbände, Bildungsträger

2.2 Onlineangebote zur beruflichen Weiterbildung schaffen, z. B. Trainingsseiten „Fit für die Schiene“ für verantwortliche Personen von Bahnprojekten.
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände, Bildungsträger

2.3 Schaffen einer digitalen Plattform für den persönlichen Austausch von Erfahrungen und Informationen; Fördern von informellem Lernen in alltäglichen Situationen („Learning on the job“).
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände, Bildungsträger

Handlungsfeld 3: Beratung und Coaching ausbauen

Bei Erstberührung mit der Schiene

Neben Bildung ist ein gelungener Erstkontakt mit einem fremden System ausschlaggebend für den Erfolg. Die Gleisanschluss-Charta empfiehlt, diesen durch einfache und neutrale Angebote zu erleichtern.

Ein Baustein könnte ein digitaler Navigator für eine „Ersteinschätzung“ sein, in dem sich z. B. eine interessierte Person virtuell an ein Cockpit einer Lokomotive setzt. Die Zugreise am Simulator führt über verschiedene Weichen. An jeder Weiche hält der Zug an und es wird eine Frage gestellt, die nur mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Je nach Antwort stellt sich die Weiche nach links oder nach rechts. Am Ende der individuellen Reise spricht der digitale Navigator eine Empfehlung aus: „Was ist für den eigenen Bedarf sinnvoll: eigener Gleisanschluss oder multimodaler Wagenladungsverkehr oder kombinierter Verkehr?“ Für alle drei Optionen können dann wichtige Informationen abgerufen werden.

Da die Schiene für viele Menschen eher fremd ist und kompliziert erscheint, sollte ein persönliches Coaching durch eine neutrale Stelle angeboten werden. Dies erleichtert die Suche nach dem individuell besten Weg, die Beschaffung von Informationen und die Vermittlung von Kontakten.

„Coaches für den Schienengüterverkehr“ gibt es bereits in verschiedenen Bundesländern und Regionen. Das Angebot sollte dauerhaft etabliert bleiben und bundesweit ausgebaut werden. Zielgruppen sind insbesondere Verlader, Speditionen, Kommunen und die Immobilienwirtschaft.

Maßnahmenvorschläge

3.1 Realisierung eines digitalen „Navigators“, um den Erstkontakt mit der Schiene für Interessierte zu erleichtern.
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände

3.2 Realisierung eines „persönlichen und neutralen Coachingangebotes“ für Verlader, Speditionen, Kommunen und die Immobilienwirtschaft inkl. finanzieller Unterstützung durch den Staat.
Beteiligte: Bund, Länder, Regionen, Verbände

Bei Neubau und Reaktivierung von Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen

Entscheidet sich ein Unternehmen für Neubau/Reaktivierung eines Gleisanschlusses bzw. einer multimodalen Verladestelle oder eine Kommune für Neubau/Reaktivierung eines Industriestammgleises, sollte ein professionelles Unterstützungsangebot vorhanden sein. In dieser Phase sind Ansprechpersonen und Informationen wichtiger „Goldstaub“ für eine erfolgreiche Realisierung.

Zu empfehlen ist auch eine frühzeitige Abstimmung mit dem Infrastrukturunternehmen, mit dem ein Infrastrukturanschluss realisiert werden soll. DB Infra GO AG und die Nichtbundeseigene Eisenbahnen unterstützen Interessenten bei der Realisierung eines Gleisanschlusses oder multimodalen Verladestellen.

Maßnahmenvorschläge

3.3 Digitale Checkliste „Konkrete Schritte zur Realisierung eines Gleisanschlusses, einer multimodalen Verladestelle oder eines Industriestammgleises inkl. Anbindung an das öffentliche Schienennetz“ zur Verfügung stellen
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände

3.4 Aktive Unterstützung durch Dienstleister und staatliche Stellen bei der Realisierung von Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände

Bei der konkreten Realisierung von Bahnverkehren

Ist ein Unternehmen von der Schiene überzeugt und möchte es den eigenen Gleisanschluss, den multimodalen Wagenladungsverkehr oder den kombinierten Verkehr konkret nutzen, könnten unterstützende Maßnahmen auf regionaler Ebene erfolgen.

Maßnahmenvorschläge

3.5 Austausch auf regionaler Ebene über bestehende Schienenaktivitäten/-angebote durchführen.
Beteiligte: Länder, Regionalverbände, Kommunen IHK Eisenbahnen