Personal- und Fachkräftebedarf im ÖPNV 

Die Mobilitätsbranche wächst und für das Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrssektor hat der öffentliche Verkehr eine zentrale Bedeutung. Ziel ist es, dass bis 2030 ein Drittel mehr Busse und Bahnen als heute unterwegs sind und ein Viertel mehr Güterverkehr über die Schiene laufen. Auf der anderen Seite steigt der Fachkräftemangel weiter: Bis 2030 werden in der gesamten Branche rund 80.000 Beschäftigte („Baby Boomer“) in den Ruhestand gehen – und die Bus- und Bahnunternehmen haben einen besonders hohen Boomer-Anteil, da die Branche über Jahre hinweg wegen politischer Sparvorgaben kaum Nachwuchs einstellen konnte.. Für die Verkehrswende müssen bis 2030 110.000 neue Beschäftigte eingestellt werden. Es wird daher für die Verkehrsunternehmen eine Stärkung der Personal- und Employer-Branding-Strategie erforderlich sein. 

In den VDV-Mitgliedsunternehmen im ÖPNV arbeiten rund 152.000 Mitarbeiter*innen. Davon sind rund 85.000 Beschäftigte im Fahrdienst (Bus, Tram, PVE), rund 38.000 im technischen Dienst und 29.000 in der Verwaltung tätig.

„Mit Macht drängen neue Akteure in den Markt. Mobilität hat sich zu einem Wachstumsfeld entwickelt. Gleichzeitig werden die ehrgeizigen verkehrlichen Klimaschutzziele nur mit mehr Bus- und Bahn-Angebot erreicht werden können. Dabei kommt den Beschäftigten eine zentrale Rolle zu. Als Branche stellen wir uns der neuen Realität des Arbeitnehmermarktes, des Generationenwechsels, der Arbeits-Flexibilisierung, der tiefgreifenden Digitalisierung. Die Verkehrsunternehmen sind bereit, sich dieser Transformation im Personalbereich zu stellen und die darin liegenden Chancen zu nutzen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu stärken.“

Harald Kraus · Vorsitzender des VDV-Personalausschusses und Arbeitsdirektor der Dortmunder Stadtwerke DSW21

VDV-Branchenumfrage 2023: Personal als strategische Herausforderung für die Verkehrswende

Der Personalbedarf bei den Bus- und Bahnunternehmen in Deutschland ist ungebrochen hoch, das ergibt die „VDV-Branchenumfrage Personal 2023“ unter 182 Unternehmen des öffentlichen Personen- und des Schienengüterverkehrs.

74,2 % der teilnehmenden VDV-Mitgliedsunternehmen gaben an, dass der Bedarf an Personal im Fahrdienst bis 2030 steigen wird. Die Branche wird jährlich bis zu 8.000 Fahrpersonale im ÖPNV und SPNV gewinnen müssen, um das altersbedingte Ausscheiden von Fahrpersonalen bei Bus und Bahnkompensieren zu können.

Beschäftigte im öffentlichen Personenverkehr - Hoher Personalbedarf bis 2030

In den VDV-Mitgliedsunternehmen im ÖPNV arbeiten rund 152.000 Mitarbeiter*innen. Davon sind rund 85.000 Beschäftigte im Fahrdienst (Bus, Tram, PVE), rund 38.000 arbeiten im technischen Dienst und 29.000 in der Verwaltung.

Es besteht bereits heute und auch zukünftig ein hoher Personalbedarf in der Branche, was auch auf den demografischen Wandel zurückzuführen ist. Von den aktuell rund 152.000 Beschäftigten in den VDV-Mitgliedsunternehmen im öffentlichen Personenverkehr werden rund 80.000 Beschäftigte bis 2030 in den Ruhestand gehen. Das heißt, fast 50 Prozent neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden benötigt, nur um den Status quo aufrechtzuerhalten. Von diesen Stellen wird nur jede Fünfte von einem Auszubildenden besetzt werden können. Und die Bus- und Bahnunternehmen haben einen besonders hohen Boomer-Anteil, da die Branche über Jahre hinweg wegen politischer Sparvorgaben kaum Nachwuchs einstellen konnte.

„Die Fahrpläne wurden ausgedünnt und manche Linie gestrichen. Das tut natürlich weh. Das hatte 2022 auch mit außergewöhnlichen Krankheitswellen zu tun. Die tiefere Ursache ist jedoch, dass die Personaldecke infolge des demografischen Wandels immer kürzer wird. Um gegenzusteuern bereiten die Verkehrsunternehmen gezielte Maßnahmen vor oder setzen diese bereits um. Doch auch der Gesetzgeber ist in Bezug auf Führerscheinprüfungen, Mindestalter und Fachkräften aus dem Ausland gefordert“, erklärt Harald Kraus, Vorsitzender des VDV-Personalausschusses und stellvertretender Vorsitzender der VDV-Akademie.

Fachkräfteeinwanderung erleichtern

Der VDV begrüßt den Modernisierungsansatz, den die Bundesregierung bei der Fachkräfteeinwanderung verfolgt:

„Das gestern vom Kabinett verabschiedete Eckpunktepapier ist ein Schritt nach vorn und kommt keinen Tag zu spät. Fachkräfte sollen demnach nicht nur in dem Bereich arbeiten dürfen, für den sie eine Qualifikation haben, sie dürfen auch dann einreisen, wenn sie – auch ohne Abschluss – Berufserfahrung haben. Zudem sollen Nicht-EU-Migranten grundsätzlich Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, wenn sie maßgebliche Kriterien – Qualifikation, Sprache, Berufserfahrung – in einem Punktesystem erfüllen. Jetzt kommt es natürlich auf die Ausgestaltung an, denn wir brauchen bei den Bus- und Bahnunternehmen alle helfenden Hände und klugen Köpfe. Die Unternehmen haben endlich einen größeren Entscheidungs- und Handlungsspielraum erhalten, unter anderem im Rahmen einer ‚Anerkennungspartnerschaft mit Erwerbsmigranten‘, die eine qualifizierte Beschäftigung und ein paralleles Anerkennungsverfahren ermöglicht. Klar ist für die Branche auch, dass wir uns auf dem inländischen Arbeitsmarkt noch stärker positionieren müssen – auch mit der VDV-Arbeitgeberinitiative – und noch stärker das Potenzial heben, was da ist. Dazu müssen wir unsere Personalabteilungen stärken, Anzeigen auf Englisch schalten, noch mehr auf Frauen und Quereinsteiger setzen. Wir müssen alle Register ziehen und doch wird das nicht reichen. Darum sind wir als Bus- und Bahnunternehmen auf die einwandernden Fachkräfte angewiesen.“  Werner Overkamp · VDV-Vizepräsident

Die Bundesregierung setzt in ihren Eckpunkten auf eine Säulensystematik aus „Fachkräften“, „Erfahrung“ und „Potenzial“. Der VDV sorgt sich jedoch um den formulierten Finanzierungsvorbehalt. Ohne zusätzliche Mittel können die Maßnahmen, die zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, nur umgesetzt werden, wenn sie in den Ressort-Einzelplänen gegenfinanziert werden. Die Eckpunkte vereinfachen den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt: „Erstens, die sogenannte BlueCard wird geöffnet für beruflich ausgebildete Erwerbsmigrantinnen und -migranten – bislang lag der Fokus allein auf Akademikerinnen und Akademikern. Zweitens, die Einreise ist nun für Fachkräfte mit Abschluss und Berufserfahrung ohne langwieriges formales Anerkennungsverfahren für die Aufnahme von Tätigkeiten in nicht reglementierten Berufen möglich. Drittens können gemäß Papier auch diejenigen nach Deutschland einreisen, die eine Berufsausbildung in einem Unternehmen absolvieren.

Kern der beruflichen Integration: Sprachkenntnisse
Für den öffentlichen Verkehr sind Sprachkenntnisse eine „Schlüsselkompetenz“. Sprachförderung ist daher gut investiertes Geld. Der VDV drängt darauf, hierfür die entsprechenden Finanzmittel und Ausbildungsstrukturen bereitzustellen.

Per Chancenkarte Einreise ohne Arbeitsangebot
Mit der sogenannten „Chancenkarte” ist eine Einreise auch ohne konkretes Arbeitsangebot möglich, sofern verschiedene Kriterien erfüllt sind beispielsweise „Hochschulabschluss oder berufliche Qualifikation“, „früherer Aufenthalt in Deutschland“ und „Alter unter 35 Jahren“. Der VDV hat sich in seinen Stellungnahmen dafür eingesetzt, dass das gesamte formale Integrationsverfahren entbürokratisiert wird. Das ‚Transparente Verwaltungsverfahren‘ könnte zu einer spürbaren Entlastung führen. Damit beginnt die Integration in das berufliche und soziale System in Deutschland.

Umsetzung ab Frühjahr 2023
Die in den verschiedenen Gesetzen notwendigen Änderungen sollen Anfang 2023 im Bundeskabinett beschlossen werden. Ab Frühjahr 2023 soll das novellierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz umgesetzt werden.

VDV-Arbeitgeberinitiative

Interesse an den Verkehrsberufen wecken, das Image der Branche  verbessern und die Verkehrsunternehmen operativ bei der Personalgewinnung unterstützen – das sind die Ziele der VDV-Arbeitgeberinitiative. Kernstück der Initiative ist ein Webportal, das sich an Auszubildende, Studenten, Quereinsteiger und Fachkräfte richtet. Im "Stellenmarkt" gibt es über 10.000 offene Stellen im Bereich Personen- und Schienengüterverkehr:
www.in-dir-steckt-zukunft.de

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