„Nach dem Deutschland-Ticket muss das Deutschland-Angebot folgen!“
Branchenverband VDV zieht Zwischenbilanz zum Deutschland-Ticket und verweist auf dringenden Ausbaubedarf des ÖPNV
Seit dem 1. Mai gilt die Tarifrevolution im deutschen ÖPNV: Das Deutschland-Ticket, ein bundesweites ÖPNV-Abo für 49 Euro im Monat, hat aus Sicht der Branche vieles bewegt. Nach über sieben Wochen ziehen der Branchenverband VDV zum Auftakt seiner diesjährigen Jahrestagung in Leipzig deshalb eine Zwischenbilanz zur Einführung und zu den Erfahrungen der Fahrgäste, der Verkehrsunternehmen und der Verbünde mit dem Deutschland-Ticket:
Mit Stand Mitte Juni wurden bis zu 10 Mio. Deutschland-Ticket-Abos verkauft. Der größte Anteil daran, nämlich etwa 46 %, sind umgestellte ÖPNV-Abonnements, also von Fahrgästen, die bereits Stammkunden waren und nun in das günstigere Deutschland-Ticket-Abo gewechselt sind. Darüber hinaus gibt es rund 44 % Neuabonnentinnen und -abonnenten, die in der Vergangenheit den ÖPNV bereits hin und wieder oder regelmäßiger genutzt haben und mit dem Deutschland-Ticket jetzt aus teureren und damit einnahmestarken Ticketangeboten in das günstige Abo wechseln. Die Quote an Neukundinnen und Neukunden, die bisher so gut wie nie Bus und Bahn gefahren sind, ist leicht gestiegen und liegt aktuell bei rund 8 % (etwa 2 % der Befragten habe keine Angaben gemacht). Erstmals liegen jetzt auch bundesweite Daten zur Nutzung des D-Tickets vor: Nach aktuellem Stand haben im Juni etwa 9,6 Mio. Fahrgäste das Deutschland-Ticket genutzt, im Mai waren es etwa 9 Mio. Nutzerinnen und Nutzer.
VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Die aktuellen Zahlen und die Entwicklung seit dem Start des Deutschland-Tickets zeigen, dass dieses Angebot für viele Bürgerinnen und Bürger attraktiv ist. Das Ticket wirkt dabei in zwei Richtungen: Zum einen bewegt es die Menschen zum Umstieg oder zur häufigeren Nutzung des klimafreundlichen ÖPNV und unterstützt damit die Klimaschutzziele im Verkehrssektor. Und zum anderen sorgt das günstige Deutschland-Ticket bei vielen Pendlerinnen und Pendlern für finanzielle Entlastung in ihrer alltäglichen Mobilität. Wenn sich die Nachfrage weiter so entwickelt, dann werden wir die von der Branche prognostizierten Verkaufszahlen in der nächsten Zeit erreichen. Allerdings müssen wir auch berücksichtigen, dass mit einer bundesweiten Nutzung des Tickets auch eine Erwartungshaltung einhergeht, die wir nicht immer adäquat einlösen können. Die Fahrgäste kaufen dieses Ticket nicht nur, weil es günstig ist, sondern auch weil sie es überall in Deutschland nutzen wollen. Aber die Angebotsdichte und Qualität des ÖPNV sind bundesweit sehr unterschiedlich: In den Ballungsräumen brauchen wir bei gutem Angebot dringend zusätzliche Kapazitäten. Und in vielen ländlichen Räumen brauchen wir ebenso dringend insgesamt ein besseres Angebot. Deshalb ist es von immenser Bedeutung, dass nach dem Deutschland-Ticket jetzt das Deutschland-Angebot im ÖPNV folgt. Hierzu werden wir in den kommenden Monaten intensiv mit Bund und Ländern in den fachlichen Austausch gehen. Wir müssen den Schwung des Deutschland-Tickets nutzen, um den ÖPNV bundesweit nachhaltig auf ein neues Qualitätsniveau zu heben.“
Erste Marktforschungsergebnisse zum Deutschland-Ticket geben Aufschluss über Kaufgründe, Ticketformate und Entwicklungen beim Jobticket-AngebotDer VDV koordiniert im Auftrag von Bund und Ländern, wie schon beim 9-Euro-Ticket, auch diesmal die bundesweite begleitende Marktforschung: Monatlich werden 6.000 mobile Personen ab 14 Jahren bevölkerungsrepräsentativ befragt. Die ersten Ergebnisse dieser Marktforschung - die sich noch nicht auf einzelne Bundesländer oder Regionen herunterbrechen lassen – zeigen, dass die Hauptgründe für den Kauf des Deutschland-Tickets die bundesweite Gültigkeit (41 %) und der günstige Preis (36 %) sind. Immerhin 18 % der Befragten gaben als Kaufgrund an, dass sie damit bewusst auf Autofahrten verzichten. 22 % nannten als Kaufgrund den Umweltschutz.
Bei den Gründen, das D-Ticket nicht zu kaufen wurde der grundsätzlich fehlende Bedarf („lohnt sich für mich nicht/würde ich zu selten nutzen“) mit 41 % am häufigsten genannt, gefolgt vom fehlenden Bedarf für ein ÖPNV-Abo (38 %). 26 % der Befragten gaben an, dass sie kein deutschlandweites ÖPNV-Ticket benötigen. Den Ticketpreis in Höhe von 49 Euro empfinden nur 11 % der Nichtkäufer als zu teuer und damit als Grund, das Ticket nicht zu kaufen. 6 % geben an, dass sie sich den Preis nicht leisten können.
Bei der Frage nach dem erworbenen Ticketformat, also in welcher Form das Deutschland-Ticket gekauft wurde, liegt die digitale Variante auf dem Smartphone mit weitem Abstand vorne (49 %), gefolgt von der Chipkarte (37 %) und dem Papierticket (11 %). Von den zur Verfügung stehenden Ticketvarianten haben fast zwei Drittel der Befragten das Deutschland-Ticket als „Standard-Ticket“ erworben (75 %), immerhin schon 18 % haben ein Deutschland-Ticket als Job- oder Firmenticket.
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: „Die Ergebnisse zeigen, dass der Trend eindeutig zum digitalen Ticket geht und die Entscheidung von Bund und Ländern, das Deutschland-Ticket nur für eine kurze Übergangsphase als Papierticket zuzulassen richtig ist. Der Anteil von 18 % Jobtickets beim Deutschland-Ticket macht deutlich, dass offenbar schon viele Unternehmen ihren Mitarbeitenden dieses Variante anbieten. Allerdings versprechen wir uns als Branche da noch einen deutlichen Nachfragezuwachs, denn das Jobticketangebot im Rahmen des Deutschland-Tickets ist nicht nur preislich noch attraktiver. Es kann für die Unternehmen und Betriebe auch ein Imagefaktor in Sachen moderner, umweltfreundlicher Mobilitätsangebote für ihre Beschäftigten sein. Wir werden deshalb über das Jobticket noch mal gesondert informieren, gerade auch bei kleineren und mittleren Unternehmen, um diese bei Interesse auch in der Umsetzung zu unterstützen und Kontakte zu den Verkehrsunternehmen und Verbünden vor Ort herzustellen.“
Deutschland-Ticket sorgt für beschleunigte Digitalisierung in der BrancheDie bundesweite Marktforschung und die ausgewerteten Daten der Verkehrsunternehmen und Verbünde belegen nicht nur, dass die Kundinnen und Kunden mehrheitlich ein digitales Deutschland-Ticket auf dem Smartphone oder als Chipkarte bevorzugen. Es wird zudem deutlich, dass die weit überwiegende Anzahl der Tickets online gekauft wird: über 60 % der Deutschland-Tickets wurden digital über eine Webseite (37%) oder App (24%) gekauft. Dies hat auch für eine Beschleunigung bei der Digitalisierung vieler Prozesse in den Verkehrsunternehmen und Verbünden gesorgt. Die dafür nötigen technischen Anpassungen sind aktuell noch nicht überall abgeschlossen, weil auch seitens der Dienstleister aufgrund der kurzfristig gestiegenen Nachfrage aus der Branche entsprechende Engpässe entstanden sind. Und selbst bei großen kommunalen Verkehrsunternehmen wie den Leipziger Verkehrsbetrieben entstehen durch das Deutschland-Ticket aktuell hohe zusätzliche Aufwände im Service und in der Kundenbetreuung.
Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe:„Mit dem Deutschland-Ticket wurde eine hohe Kundenerwartung geweckt und mit dem Verkaufsstart haben die Leipziger Verkehrsbetriebe sowie die Branche mit viel Engagement in kurzer Zeit, leidenschaftlichen Service gezeigt. Das Ticket hat die Branche bei der Digitalisierung vorangetrieben. Wir in Leipzig arbeiten seit Jahren mit digitalisierten Prozessen und konnten das Ticket von Beginn an auf allen Kanälen, insbesondere online und als LeipzigMove-Wallet, einfach und unkompliziert anbieten. Und trotzdem arbeiten unsere Kolleginnen und Kollegen im Kundenservice und im Vertrieb seit Wochen unter Volllast, um alle Anfragen rund um das Ticket adäquat zu bearbeiten.“
Die bei der Pressekonferenz zur VDV-Jahrestagung in Leipzig vorgestellten Zahlen zur Zwischenbilanz des D-Tickets VDV-Jahrestagung stehen
hier zur Verfügung.
Pressebild:
Middelberg (LVB), Wortmann (VDV), Wolff (VDV)
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vlnr: Hoffmann (LVB), Hildebrand (LVB), Middelberg (LVB), Wortmann (VDV), Wolff (VDV), Wagner (VDV)
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