Ziel 2: Die Wirtschaft bedarfsgerecht mit Zugangsstellen und vorgelagerter Infrastruktur ausstatten

In vielen Regionen – entlang und abseits der Verkehrskorridore – wurden in den letzten Jahrzehnten massiv Gleisanschlüsse, multimodale Verladestellen und öffentliche Eisenbahninfrastrukturen wie Bahnhofs- und Industriestammgleise aufgegeben und sogar zurückgebaut. Dort, wo es an Infrastruktur fehlt, ist das Verkehrsangebot auf der Schiene entweder gar nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt vorhanden. Man kann in vielen Regionen von einer Unterversorgung mit Schienengüterverkehr sprechen.

Die Wirtschaft benötigt attraktive Transportketten von Quelle bis Ziel. Diese dürfen nicht durch überwindbare Engpässe in der Eisenbahninfrastruktur behindert werden. Benchmark ist der Lkw, der überall Zugang zum gesamten Straßennetz hat.

Viele Standorte von Industrie, Handel und Logistik befinden sich heute nicht mehr in der Nähe von Bahnknoten, sondern verstärkt entlang der Autobahnen und in den Randbereichen der Ballungsgebiete. Um die Quellen/Ziele von Güterverkehren zu bedienen, bedarf es entweder langer Lkw-Distanzen zu den KV-Terminals oder eben Gleisanschlüssen und multimodaler Verladestellen in den Regionen selbst.

Zahlreiche Kundenbefragungen haben ergeben, dass der Bedarf nach kundennahen Zugangsstellen auch wegen der Stausituation in den Ballungsräumen angestiegen ist.

Aufgrund der Standortentwicklungen stellt sich die Frage, ob Deutschland eine angemessene Strategie für die bedarfsgerechte Versorgung der Wirtschaft mit Gleisanschlüssen, multimodalen Verladestellen und vorgelagerten öffentlichen Eisenbahninfrastrukturen hat. Eher kann man den Eindruck gewinnen, dass sich die staatlichen Ebenen mehr auf den Personenverkehr konzentrieren und die Belange des Schienengüterverkehrs nur sekundär berücksichtigt werden. Häufig folgt die Eisenbahninfrastruktur nicht den Entwicklungen im Güterverkehr, sondern wird auf den Mobilitätsbedarf der Bevölkerung im Nah- und Fernverkehr ausgerichtet.

Im Rahmen des Deutschlandtaktes werden derzeit Grundlagen für eine strategische Infrastrukturplanung geschaffen, die auch den Verkehrsbedarf des Schienengüterverkehrs berücksichtigen sollen. Die Charta begrüßt diese neue Ausrichtung staatlicher Infrastrukturplanung. Sie empfiehlt dabei eine starke Beteiligung der regionalen Wirtschafts- und Planungsverbände sowie der Bundesländer, um auch deren Interessen zu berücksichtigen.

Bei derzeit nicht genutzten Gleisanlagen (öffentlich und nichtöffentlich) muss die Priorität auf der Erhaltung liegen. Weitere Stilllegungen, Entwidmungen/ Freistellungen und Rückbau von Strecken, Bahnhofsgleisen, Industriestammgleisen, privaten Gleisanschlüssen und Verladestellen müssen unbedingt vermieden werden. Auch sollten freie Flächen mit guter Lage für den Bau bzw. Reaktivierung eines Schienen-Infrastrukturanschlusses vorrangig für eine Schienennutzung freigehalten werden.

Einflussmöglichkeiten der Regionen stärken

Damit engagierte Regionen eine bedarfsgerechte Infrastrukturausstattung für den Schienengüterverkehr erhalten können, empfiehlt die Charta, regionale Infrastrukturkonzepte zu verwirklichen, in denen Kommunen, regionale Planungsverbände, Bundesländer, Bund, Infrastrukturbetreiber und verladende Wirtschaft bei Bedarfsermittlung, Planung und Finanzierung geeigneter Infrastrukturmaßnahmen Hand in Hand zusammenarbeiten.

Als dafür sinnvolle Planungsebene könnten insbesondere die vorhandenen regionalen Planungsverbände genutzt werden, die wiederum entsprechende Vorkehrungen in den Raumordnungsplänen treffen können.

Regionale Infrastrukturkonzepte sollten auf Freiwilligkeit der Kommunen aufbauen, Elemente verbindlicher Verlagerungsabsichten der regionalen Wirtschaft beinhalten und Gebiete innerhalb und außerhalb der Ballungszentren sowie ländliche Regionen einbeziehen. Kommunen oder regionale Wirtschaft, die keinen Bedarf für den Ausbau des Schienengüterverkehrs in ihrer Region sehen, müssen sich an einem solchen Konzept nicht beteiligen.

Die Charta regt an, den Einfluss der Regionen auf die Dimensionierung regionaler Eisenbahninfrastrukturen, die der Erschließung der ersten/letzten Meile inkl. der Kundenstandorte dienen, zu stärken. Damit ist nicht zwangsläufig verbunden, den Betreiber einer regionalen Infrastruktur zu verändern. Vielmehr bedarf es einer funktionalen und integrierten Betrachtung von regionalen Infrastrukturen inkl. (Standort-)Planung und Finanzierung. Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verfügen die Regionen und Bundesländer bereits über entsprechende Instrumente. Vergleichbares könnte zudem für den Schienengüterverkehr eingeführt werden.

Sicher ist zu definieren, was mit Regionen im Einzelfall gemeint sein könnte. Hier sieht die Charta vorrangig Kommunen, regionale Planungsverbände, Bezirksregierungen und IHK-Kammerbezirke. Des Weiteren können multimodale Knoten wie See- und Binnenhäfen, Güterverkehrszentren oder größere Industrie-/Logistikstandorte gleichermaßen Bedarfsträger sein.

Wegen der Komplexität der Planungs- und Finanzierungsfragen schlägt die Charta bewusst kein ausgearbeitetes Konzept vor. Sie möchte vielmehr einen strategischen Impuls für einen entsprechenden Dialog mit allen staatlichen Ebenen setzen.

Die Vorschläge der Beschleunigungskommission Schiene für eine neue Finanzierungsarchitektur der Eisenbahninfrastruktur könnten als Diskussionsgrundlage genutzt werden.

Der regionalen Infrastruktur – entlang und abseits der Korridore – können private Gleisanschlüsse, multimodale Verladestellen, trimodale/multimodale Knoten, Industriestamm-/Zuführungsgleise, Vorbahnhöfe und Zulaufstrecken zugeordnet werden.

Als wesentliche Elemente eines nachfrageorientierten und „aus der Region heraus initiierten“ Infrastrukturkonzeptes schlägt die Charta die Handlungsfelder 4 bis 9 vor.

Das EU-Interreg-Projekt „Rail4Regions“ geht im Ansatz ebenfalls in diese Richtung und die Idee könnte auf alle Regionen in Deutschland übertragen werden. In der Projektbeschreibung heißt es: „The project helps transport planners to integrate regional rail lines into European freight networks. The partners develop solutions to optimise regional rail lines and access points and create action plans to encourage the uptake of their solutions in regional development plans.“

Handlungsfeld 4: Bestand, Bedarf und Engpässe in einer Region identifizieren

Bestand von Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen ermitteln

Voraussetzung für ein regionales Infrastrukturkonzept ist eine Bestandserhebung aller vorhandenen Zugangsstellen in einer Region.

Derzeit werden keine verlässlichen Daten über private Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen veröffentlicht. Dies ist allerdings möglich, weil deren „nicht bundeseigenen“ Betreiber über eine staatliche Genehmigung durch die Bundesländer verfügen müssen. Die DB InfraGO AG hat ihre „bundeseigenen“ multimodalen Verladestellen bereits veröffentlicht.

Die Bundesnetzagentur erhebt im Rahmen ihrer gesetzlichen Marktbeobachtung und in Zusammenarbeit mit den Bundesländern Daten über private Gleisanschlüsse (Werksbahnen) und multimodale Verladestellen (öffentliche Güterterminals). Diese Marktuntersuchung sollte als verlässliche Datengrundlagen für Politik und Wirtschaft weiterentwickelt und den staatlichen Planungsebenen zur Verfügung gestellt werden.

Maßnahmenvorschläge

4.1 Bundesweite Bestandsaufnahme aller privaten Gleisanschlüsse und multimodalen Verladestellen anhand der erteilten Genehmigungen. Die Daten sollten unter Beachtung des Datenschutzes Politik, Wirtschaft und staatlichen Planungsebenen verfügbar gemacht werden.
Beteiligte: Bund, Länder, Bundesnetzagentur, EBA, Verbände

Bedarf und Bestand der einzelnen Regionen identifizieren

Für Untersuchungen in einer Region eignet sich z. B. das Instrument der Machbarkeitsstudie. Darin sollte der konkrete Bedarf der regionalen Wirtschaft nach Schienengüterverkehr, privaten Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen ermittelt werden.

Ebenfalls sollte eine betreiberübergreifende Bestandsaufnahme aller Gleisanschlüsse und multimodalen Verladestellen erfolgen, in der Region selbst und in der direkten/entfernten Nachbarschaft.

Weiterhin ist zu untersuchen, welche Gleisanschlüsse und multimodalen Verladestellen derzeit aktiv/betriebsbereit oder nicht betriebsbereit sind sowie stillgelegt oder sogar entwidmet wurden.

Bei der Bestandsermittlung sind auch Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen innerhalb von See- und Binnenhäfen, Güterverkehrszentren und größeren Industrie-/Logistikstandorten zu erfassen.

Neben den „amtlichen Daten“ der Bundesnetzagentur besteht auch die Möglichkeit z.B. über SIDING (Schienenanschluss-Identifikation durch intelligente Geolokalisierung) weitere (potentielle) Verladepunkte in einer Region zu identifizieren. Vor allem bereits stillgelegte oder sogar entwidmete/ freigestellte Zugangsstellen lassen sich mittels Auswertung von Satellitenaufnahmen identifizieren. Sind ehemalige Gleisabschnitte zwischen einer Liegenschaften und dem öffentlichem Eisenbahnnetz z.B. nicht bebaut worden, könnten Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen dort evtl. leichter zu reaktivieren sein.

Von zentraler Bedeutung ist die Ermittlung der vorgelagerten Infrastrukturen inkl. deren Kapazitäten. Darunter versteht die Charta die einzelnen Infrastrukturabschnitte zwischen einer Zugangsstelle und der nächsten Strecke eines Güterverkehrskorridors.

Berücksichtigt werden sollten alle Infrastrukturen in einer Region, also bundeseigene (meist DB InfraGO AG), nicht bundeseigene (NE und Kommunen) und private Infrastrukturen. Dies ermöglicht eine funktionale Bewertung aller vorhandenen Infrastrukturen.

Des Weiteren sind die in einer Region tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen einzubinden. Nur dann können die eisenbahnbetrieblichen Belange realitätsnah abgebildet werden.

Auf Basis der Daten

  • über die Nachfrage,
  • über vorhandene Infrastrukturen und
  • aus der Bedarfsermittlung aus der Regional- und Bauleitplanung (geplante Gewerbe und Industrieflächen)

kann ermittelt werden, ob und wo Infrastrukturengpässe für Neu- und Mehrverkehre in einer Region bestehen.

Ebenfalls ist zu untersuchen, welche Förderprogramme der EU, des Bundes und/oder der Bundesländer in der Region genutzt werden können.

Maßnahmenvorschläge

4.2 Interessierte Regionen sind in die Lage zu versetzen, regionale Machbarkeitsstudien in Auftrag zu geben, aus denen der konkrete Bedarf und Bestand an Infrastrukturen hervorgehen.
Beteiligte: Bund, Länder

4.3 Bereitschaft aller involvierten Unternehmen und Institutionen, qualifiziert an einer Machbarkeitsstudie mitzuwirken, erforderliche Daten zu liefern und die Ergebnisse zielorientiert zu diskutieren.
Beteiligte: Bund, Länder, Regionalplanung, Kommunen, Verbände, Infrastrukturbetreiber, regionale Wirtschaft

Infrastrukturmaßnahmen zur Engpassbeseitigung identifizieren

Um Engpässe zu beseitigen, sollten in Abstimmung mit den maßgeblichen Unternehmen und Institutionen konkrete Maßnahmen mit kapazitätssteigender Wirkung identifiziert werden. Diese könnten mit einem Preisschild in Höhe der Investitionskosten versehen werden. Daneben kann deren Nutzen für Verkehrsverlagerung und Klimaschutz dargestellt werden. Auf dieser Grundlage kann nachvollzogen werden, in welchem Zusammenhang Investitionskosten, Verkehrsverlagerung und Klimabilanz einer einzelnen Maßnahme stehen.

Maßnahmenvorschläge

4.4 Konkrete Infrastrukturmaßnahmen inkl. Investitionskosten identifizieren und deren jeweiligen Nutzen für Verkehrsverlagerung und Klimaschutz in Zahlen darstellen.
Beteiligte:
Bund, Länder, Regionalplanung, Kommunen, Verbände, Eisenbahnen

Handlungsfeld 5: Staatliche Infrastrukturenplanung und -finanzierung in den
Regionen optimieren

Die Rollen und Befugnisse von Bund, Ländern, Regionalplanung und Kommunen sind im Planungs- und Baurecht sowie bei der Infrastrukturfinanzierung klar geregelt. Sie hängen allerdings in erster Linie vom jeweiligen Eigentümer der Infrastruktur ab.

Status Quo Planungsrecht

Der Bund ist zuständig für das Raumordnungsgesetz mit seinen rahmenrechtlichen Vorgaben zur Raumordnung. Er regelt im Baugesetzbuch ferner die Grundlagen für die Bauleitplanung der Kommunen.

Die Bundesländer sind für die Raumordnung (Raumplanung) in ihrem Bundesland verantwortlich. Diese befasst sich mit der räumlichen Entwicklung, insbesondere in Form von Festlegungen wichtiger Entwicklungsachsen sowie Standorten für den Güterumschlag wie z. B. Häfen oder Güterverkehrszentren.

In den meisten Flächenländern legen regionale Planungsverbände im regionalen Raumordnungsplan (Regionalplan) die Schwerpunkte für den Güterumschlag, den Zugang der Wirtschaft zur Schiene sowie bedeutender Industrie- und Gewerbestandorte fest.

Die Kommunen üben die Planungshoheit aufgrund ihres Rechtes zur Selbstverwaltung aus. Dazu nutzen sie die Bauleitplanung als rechtliches Instrument für die Ordnung der städtebaulichen Entwicklung. Diese umfasst den Flächennutzungsplan als vorbereitenden Bauleitplan sowie den Bebauungsplan mit allgemeinverbindlichen Festsetzungen.

Status Quo Infrastrukturfinanzierung

Der Bund konzentriert sich bei der Finanzierung des Neu- und Ausbaus bundeseigener Infrastrukturen in aller Regel auf die vielbefahrenen Korridore. Die anderen Strecken haben für den Bund meist regionale Bedeutung. Andererseits fördert er den Neu-/Ausbau nicht bundeseigener Infrastrukturen über das Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz (SGFFG), wenn diese dem Fernverkehr dienen. Für bundeseigene Infrastrukturen abseits der Korridore werden im Verhältnis deutlich weniger Mittel für den Neu-/Ausbau bereitgestellt, obwohl diese ebenfalls dem Fernverkehr dienen und für das gewünschte Wachstum auf der Schiene benötigt werden. Des Weiteren fördert der Bund Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen.

Die Bundesländer sind Besteller für den SPNV und engagieren sich in dieser Funktion auch für eine bedarfsgerechte Infrastrukturausstattung der Regionen inkl. bundeseigener Infrastruktur. Gerade in Regionen mit geringen Infrastrukturkapazitäten für den Schienengüterverkehr ergeben sich immer wieder Konflikte mit den Anforderungen des SPNV an Infrastruktur und Fahrplänen. Hier befinden sich die Bundesländer in einem „systembedingten“ Zielkonflikt zwischen Verkehrsverlagerung im Güterverkehr und Versorgung ihrer Bevölkerung mit einem attraktiven SPNV.

Die meisten Bundesländer fördern über Landesprogramme nicht bundeseigene Infrastrukturen, Gleisanschlüsse, multimodale Verladestellen und Industriestammgleise.

Viele Bundesländer und Kommunen sind (Mit-)Eigentümer von zahlreichen Nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) inkl. Hafeneisenbahn. Diese NE betreiben regionale Infrastrukturen und bieten häufig Verkehrsleistungen an. Sie sind gewissermaßen ein verlängerter Arm der regionalen Verkehrspolitik und Wirtschaftsförderung.

Die Mehrzahl der Kommunen betreibt entweder gar keine eigenen Gleise oder lediglich ein Industriestammgleis zur Anbindung eines Industrie-/Gewerbegebiets.

Planung und Finanzierung regionaler Infrastrukturen verbessern

Viele Einzelbeispiele zeigen, dass es bei der Planung und Finanzierung regionaler Infrastrukturen Verbesserungsmöglichkeiten bei der Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen (Bund, Bundesländer, Regionalplanung und Kommunen) gibt.

So stoßen z. B. Kommunen bei ihren Aktivitäten zur Verkehrsverlagerung an Grenzen, wenn z. B. die bundeseigene Infrastruktur der DB InfraGO AG der entscheidende Engpassfaktor ist.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie die Planungs- und Finanzierungsarchitektur zielgenauer auf eine bedarfsgerechte Versorgung der Regionen mit Eisenbahninfrastruktur für den Güterverkehr ausgerichtet werden kann.

Während die Förderung von Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen bereits weitestgehend nachfrageorientiert gestaltet ist, ist die Finanzierung vorgelagerter Infrastrukturen deutlich komplexer.

Weil der konkrete Bedarf nach Infrastruktur auf der Nachfrageseite entsteht, setzt sich die Gleisanschluss-Charta für einen stärkeren Einfluss der Regionen bei Investitionsentscheidungen über Infrastrukturmaßnahmen in ihrer Region ein. Dafür sollten entsprechende Instrumente geschaffen werden.

Ein neuer Ansatz könnte sein, regionale Infrastrukturen nach ihrer Funktion für den Schienengüterverkehr zu bewerten und nicht nach den Eigentumsverhältnissen der Betreiber.

Die Charta möchte mit diesem Vorschlag einen strategischen Impuls setzen und regt an, die Details für eine zielgenaue und bedarfsgerechte Umsetzung mit den maßgeblichen Beteiligten auszuarbeiten, gerne mit Einbindung der Beschleunigungskommission Schiene.

Die mitzeichnenden Verbände erkennen das Bemühen des Bundes an, erhebliche Finanzmittel in den Erhalt und den Ausbau von Eisenbahninfrastruktur zu investieren. Die Mittelbereitstellungen im Zusammenhang mit dem Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG), der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV), dem Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz (SGFFG) und diversen Sonderprogrammen sind hier besonders zu nennen.

Neben Investitionen in die Korridore besteht Bedarf, ausreichend Mittel für den Erhalt und den Ausbau der anderen Strecken bereitzustellen. Anzumerken ist, dass weniger als 30 Prozent des Streckennetzes dem sogenannten Hochleistungsnetz der DB InfraGO AG zugeordnet werden können. Der deutlich höhere Anteil der anderen Strecken sorgt für die notwendige Flächendeckung im Schienengüterverkehr und führt den Korridoren erhebliche Verkehre zu.

Bei der Gestaltung und Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur ist zu berücksichtigen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht nur (internationale) Korridore benötigt, sondern genauso Zubringerstrecken zu den Korridoren. Auch große Flüsse können nur durch Nebenflüsse zu einem großen Strom anwachsen. Und auch die großen Autobahnen werden von Zubringerautobahnen und Auf- und Abfahrten gespeist. Dieses Prinzip sollte auch beim Schienengüterverkehr mehr Beachtung finden.

Die Neuausrichtung der DB Netz AG zur gemeinwohlorientierten DB InfraGO AG sollte dazu genutzt werden, bessere Voraussetzungen für regionale Infrastrukturen im Bundeseigentum zu schaffen. So sollten z.B. einzelne Gleise und Weichen nach ihrem Beitrag zum Gemeinwohl (z.B. Klimaschutz) bewertet werden. Sie erfüllen zudem eine wichtige Funktion für das zügige Be-/Entladen, Rangieren, Zerlegen, Zusammenstellen der Güterzüge und sind für den Störungsfall eminent wichtig.

Wichtig ist, eine gute Balance zwischen Investitionen in Strecken, Bahnhofs- und Zuführungsgleisen und Zugangsstellen entlang und abseits der Güterverkehrskorridore zu finden.

Ein weiterer Ansatz könnte eine bessere Verzahnung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) mit dem Infrastrukturbedarf der einzelnen Regionen inkl. Strecken und Bahnhofsgleise sein.

Maßnahmenvorschläge

5.1 Einladung zu einem Strategiedialog für Verbesserungen bei der staatlichen Infrastrukturplanung und -finanzierung in den Regionen (korrespondierend mit den Vorschlägen 5.2 bis 5.4).
Beteiligte: Bund, Länder, Regionalplanung und Kommunen, Verbände

5.2 Schaffen einer Finanzierungsarchitektur für eine bedarfsgerechte Ausstattung der Regionen mit Gleisanschlüssen, multimodalen Verladestellen und vorgelagerter öffentlicher Infrastruktur – und dies betreiberübergreifend (DB InfraGO AG, NE und Kommunen). Investitionen stärker auf den regionalen Bedarf ausrichten unter Berücksichtigung der Vorschläge der Beschleunigungskommission Schiene.
Beteiligte:
Bund, Länder, Regionalplanung und Kommunen

5.3 Prüfen, inwieweit bestehende Finanzierungsgrundlagen genutzt, optimiert und mit dem regionalen Bedarf synchronisiert werden können; Möglichkeiten für Kofinanzierungen erweitern.
Beteiligte: Bund, Länder, Regionalplanung und Kommunen

5.4 Ausbau der Zusammenarbeit bei Raumordnung und Bauplanung auf allen staatlichen Ebenen. Bessere Abstimmung zwischen Bund, Ländern, Regionalplanung und Kommunen bei Strecken, Bahnhofs- und Zuführungsgleisen sowie Zugangsstellen.
Beteiligte: Bund, Länder, Regionalplanung und Kommunen

Handlungsfeld 6: Ausreichend Kapazitäten in der vorgelagerten öffentlichen Infrastruktur vorhalten

Zulaufstrecken, Bahnhofsgleise und Zuführungs-/Industriestammgleise

Die öffentliche Infrastruktur „vor der eigenen Haustür“ spielt eine zentrale Rolle für die Erreichbarkeit von Zugangsstellen. Die Fördermittel für Gleisanschlüsse und Umschlagterminals können nur dann die größtmögliche Wirkung erzielen, wenn auch die vorgelagerte Infrastruktur die damit verbundenen Mehrverkehre aufnehmen kann.

In vielen Regionen haben die Strecken „vor der Haustür“ keine Kapazitäten (mehr) für (größeres) Verkehrswachstum. Die Korridore sind in aller Regel bereits mit Personen- und Güterverkehr überlastet. Die Strecken abseits der Korridore sind vielfach eingleisig und nicht elektrifiziert.

Viele Bahnhöfe entlang der Strecken haben zu wenige Überholgleise für den Güterverkehr. Deshalb finden Überholvorgänge durch schnellere Züge sehr großräumig statt. Kein Wunder, dass gerade regionale Bedienfahrten des Güterverkehrs mehr stehen als fahren.

In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Gleise und Weichen in Bahnhöfen „vor der Haustür“ (Vorbahnhöfe) zurückgebaut. Ähnlich wie das Vorfeld eines Flughafens benötigt auch der Schienengüterverkehr Abfertigungs-, Rangier- und Abstellflächen, um die Gleisanschlüsse und multimodalen Verladestellen bedienen zu können.

Die Beschleunigungskommission Schiene hat die fehlenden Kapazitäten in den Serviceeinrichtungen im Cluster 1.7 bereits zutreffend beschrieben und die Maßnahmen „Sonderprogramm Serviceeinrichtungen“ und „Integration Serviceeinrichtungen in Netzentwicklung“ vorgeschlagen.

Viele „Anschlussstellen“, über die Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen an Strecken angeschlossen werden, verfügen nur über veraltete Technik, z. B. schlüsselabhängige Handweichen. Gerade bei Strecken mit Schienenpersonenverkehr muss der Güterverkehr auf Randzeiten (meist in der Nacht) ausweichen. Im schlimmsten Fall heißt das stundenlang warten für die allerletzten Kilometer bis zum Kunden. Und dann anschließend noch weiter warten, weil in der Nacht wegen Lärmschutz nicht umgeschlagen werden darf. Durch Umrüsten auf ferngestellte Weichen und Einsatz moderner Leit-und Sicherungstechnik könnten zusätzliche Bedienzeiten am Tage ermöglicht werden, was aber meist an der Finanzierung scheitert.

Infrastrukturengpässe, z. B. wegen überfüllter Strecken/Bahnhöfe, fehlender Gleise/Weichen, zu kurzer Gleise oder veralteter Technik, führen zudem zu höherem Betriebsaufwand für die Bedienung von Zugangsstellen, z. B. mehr Personal- und Fahrzeugstunden. In Zeiten knapper Ressourcen ist das für die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) nicht darstellbar. Deshalb existiert in vielen Fällen gar kein bzw. ein eingeschränktes Bedienungsangebot für Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen (z. B. nur 1 x pro Woche). Es ist offensichtlich, dass der Verbrauch zusätzlicher Betriebskosten auf Dauer teurer ist, wenn Investitionen in die Infrastruktur ausbleiben.

Im Vergleich dazu kann ein Lkw jederzeit seine Kunden bedienen, weil seine Infrastruktur 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht und er sich dem Personenverkehr deutlich weniger unterordnen muss.

Worauf könnte aufgebaut werden?

Mit der VDV-Maßnahmenliste und dem Tool iTrace der DB InfraGO bestehen bereits etablierte Instrumente für eine Bedarfsermittlung und Investitionsentscheidung. Darüber hinaus haben verschiedene Kommunen und Bundesländer Machbarkeitsstudie durchführen lassen, die ebenfalls Erkenntnisse über den Bedarf nach vorgelagerter Infrastruktur beinhalten. Zusätzlich könnte auch eine Sonderbefragung bei Gleisanschließern, Betreibern von multimodalen Verladestellen und den bedienenden EVU durchgeführt werden.

Im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel ist es sinnvoll, insbesondere den Bedarf nach kleineren und mittleren Infrastrukturmaßnahmen mit großen Kapazitätseffekten zu ermitteln. Mithilfe zielgenauer Finanzierungsgrundlagen für solche Maßnahmen könnten diese schnell umgesetzt werden.

In den bestehenden Finanzierungsinstrumenten des Bundes und der Länder sollten Zulaufstrecken, Serviceeinrichtungen/Vorbahnhöfe und Häfen (noch) stärker berücksichtigt werden.

Die folgenden Vorschläge 6.1 bis 6.6 sind miteinander und mit den Vorschlägen 5.1 bis 5.4 im Sinne einer Gesamtarchitektur zu synchronisieren.

Bei der Bewertung von Bahnhofs- und Zuführungsgleisen gibt es derzeit kaum wissenschaftliche Grundlagen. Langfristige Prognosen sind im Schienengüterverkehr mit erheblichen Unsicherheiten und Unschärfen verbunden (z.B. Konjunktur- und Auslastungsschwankungen). Dies müssen die Infrastrukturplanungen berücksichtigen, indem das EIU z.B. mit unterschiedlichen Szenarien (Anzahl Züge/Güterwagen, Länge der Einheiten, Zeiten etc.) arbeitet und somit im Ergebnis eine stabile Dimensionierung ermöglicht wird. Es ist zu prüfen, inwieweit eine solche Methodik zukünftig auch als Entscheidungsgrundlage für Neu- und Ausbaumaßnahmen vorgelagerter Infrastrukturen z.B. der DB InfraGO AG anerkannt wird.

Maßnahmenvorschläge

6.1 Gezielte Engpassbeseitigung in der vorgelagerten Infrastruktur, z. B. mit einem Sonderprogramm „Kapazitätssteigerungen in der vorgelagerten Infrastruktur“ bzw. einem Sonderprogramm Serviceeinrichtungen (siehe Cluster 1.7 der Beschleunigungskommission).
Beteiligte:
Bund, Länder, Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Verbände

6.2 Dauerhafte Finanzierung von kleineren und mittleren Maßnahmen mit kapazitätssteigernder Wirkung in Serviceeinrichtungen der DB InfraGO AG inkl. Verzicht auf Bewertungen des Nutzen-Kosten-Verhältnisses (NKV).
Beteiligte: Bund, DB InfraGO, Verbände

6.3 Finanzierungsgrundlagen für kapazitätssteigernde Maßnahmen auf den Zulaufstrecken schaffen inkl. moderner Leit- und Sicherungstechnik und ferngestellter Anschlussweichen in Streckengleisen zur Erhöhung der Streckenkapazität.
Beteiligte: Bund, Länder, Infrastrukturbetreiber, Verbände

6.4 Finanzieren von Neu- und Ausbaumaßnahmen in Serviceeinrichtungen der DB InfraGO AG im Rahmen des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (BSWAG) inkl. Schaffen einer anerkannten Methodik für den Nachweis der Notwendigkeit für den Güterverkehr.
Beteiligte: Bund, DB InfraGO und Hochschulen

6.5 Verbesserungen beim Schienengüterfernverkehrsnetzförderungsgesetz (SGFFG) vornehmen, insbesondere Neu- und Ausbau in den Häfen aufnehmen und Kofinanzierung durch weitere Bundesländer.
Beteiligte: Bund und Länder

6.6 Nutzung und Weiterentwicklung bestehender Landesförderungen. Neue Förderprogramme in Bundesländern ohne bestehende Landesförderungen.
Beteiligte: Länder, Marktakteure

Dauerhafte Nutzung von Bauinfrastruktur

Kapazitätssteigernde Maßnahmen in der vorgelagerten Infrastruktur können zudem im Rahmen größerer Baumaßnahmen realisiert werden. Gleisinfrastrukturen, die temporär für Bauzwecke eingebaut werden sollen, könnten von vornherein für eine dauerhafte Nutzung ausgelegt werden, wenn dadurch Kapazitäten für Mehrverkehre geschaffen werden können.

Das würde zwar zusätzliche Investitionen in höherwertige Infrastrukturen im Rahmen einer Baumaßnahme bedeuten, in der Endabrechnung könnte man aber (erhebliche) Kosten sparen, wenn man Baumaßnahmen in Strecken und Serviceeinrichtungen stärker bündelt.

Bei Baumaßnahmen der DB InfraGO AG sollte der Bund grundsätzlich bereit sein, entsprechende Finanzierungsgrundlagen für eine dauerhafte Nutzung von Bauinfrastruktur zu schaffen.

Die Charta empfiehlt in diesem Zusammenhang, geplante Baumaßnahmen bei den regionalen Infrastrukturkonzepten zu berücksichtigen.

Maßnahmenvorschläge

6.7 „Dauerhafte Nutzung von Bauinfrastruktur“ durch entsprechende Finanzierungsinstrumente grundsätzlich ermöglichen und Regelungen für den Einzelfall schaffen.
Beteiligte:
Bund, Länder, Infrastrukturbetreiber

Stilllegungen, Entwidmungen, Reaktivierung und Elektrifizierung

Die Mitzeichner der Charta raten dringend von weiteren Stilllegungen und Entwidmungen von Strecken, Bahnhofsteilen wie Gleisen, Weichen und Zuführungs-/Industriestammgleisen ab. Eine weitere Schrumpfung des öffentlichen Eisenbahnnetzes gefährdet ihrer Meinung nach die verkehrspolitischen Ziele.

Die Gleisanschluss-Charta begrüßt den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 20. Oktober 2023, höhere Hürden für die Freistellung von Betriebszwecken (Entwidmung) im Beschleunigungsgesetz vorzusehen. Der Bahnbetriebszweck von Eisenbahngrundstücken liegt jetzt im überragenden öffentlichen Interesse.

Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels und der Teilhabe der ländlichen Regionen am Schienengüterverkehr ist die Reaktivierung von Bahnstrecken ein wichtiger Faktor, um mehr Güter auf die Schiene zu bringen. Insbesondere bei den Branchen Holz, Agrargüter und Biokraftstoffe beginnen Verkehre meist im ländlichen Raum.

Es müssen daher zügig verkehrlich sinnvolle Reaktivierungsvorhaben auch für den Güterverkehr vorangetrieben werden – mit eigenem Budget und vergleichbaren Instrumenten wie beim Personenverkehr. Der Güterverkehr muss deutlich stärker in die Reaktivierung des Streckennetzes einbezogen werden

Die Gleisanschluss-Charta unterstützt die konkreten Vorschläge von der Allianz pro Schiene und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (Details).

Der Grad der Elektrifizierung von Strecken, Bahnhofsgleisen sowie Zufahrten zu Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen sollte deutlich erhöht werden.

Maßnahmenvorschläge

6.11 Von weiteren Stilllegungen und Entwidmungen/Freistellungen öffentlicher Eisenbahninfrastrukturen muss abgesehen werden.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen und Infrastrukturbetreiber

6.12 Reaktivieren von Strecken und Serviceeinrichtungen; Umsetzen der konkreten Vorschläge von der Allianz pro Schiene und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen.
Beteiligte:
Bund, EBA, Länder, Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Verbände

6.13 Elektrifizieren von Zulaufstrecken und vorgelagerten Infrastrukturen vorantreiben (siehe Maßnahme 6.2 des Masterplans Schienengüterverkehr).
Beteiligte: Bund, EBA, Länder, Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Verbände

Handlungsfeld 7: Standorte an Schiene anbinden und Flächen sichern

Anbinden von Gewerbe- und Industriegebieten an die Schiene

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass bei neuen Gewerbe- und Industriegebieten die Schienenanbindung verpflichtend geprüft werden soll. Die letzte Novellierung des Raumordnungsgesetzes (ROG) wurde dafür allerdings nicht genutzt.

Die Charta empfiehlt eine ergebnisoffene Prüfung, ob für einen Standort ein eigener Gleisanschluss oder alternativ eine leistungsfähige verkehrliche Anbindung an multimodale Verladestellen in der Nachbarschaft/im Umfeld (z. B. KV-Terminals oder multifunktionale Anlagen) möglich ist. Dafür sollten prüfbare Kriterien vorgegeben werden, die auch das Ziel der Vermeidung unnötig langer Lkw-Distanzen zum Terminal enthalten sollten.

Entscheidend für die Verkehrswende ist, dass der Zugang zu (multimodalen) Schienenangeboten unter Berücksichtigung der lokalen Verkehrsverhältnisse auf Schiene, Straße und Schiff attraktiv und konkurrenzfähig gestaltet wird.

Als Abstufung kann es sinnvoll sein, bei der Ausgestaltung von Planungspflichten zwischen Standorten mit landesweiter oder (eher) lokaler Bedeutung zu unterscheiden. Bei größeren Standorten z. B. in den Wirtschaftszentren könnten dazu strengere gesetzliche Vorgaben gemacht werden als z. B. bei kleineren Standorten in der Fläche.

In den Flächennutzungsplänen der Kommunen sollte der Schienengüterverkehr ausreichend berücksichtigt werden inkl. Vorhalten/ Sicherung von Flächen/ Trassen für Schienenanbindungen.

Bei Standorten mit landesplanerischer Bedeutung sind deren multimodale Anbindung mit der Raum-, Verkehrs- und Regionalplanung des jeweiligen Bundeslandes zu synchronisieren.

Maßnahmenvorschläge

7.1 Verpflichtende Prüfung einer Schienenanbindung von Gewerbe- und Industriestandorten im Raumordnungsgesetz (Vorrangplanung/Ausschlussplanung für Gewerbegebiete) und Baugesetzbuch (Erweiterung der Definition des Begriffs Erschließung nach dem BauGB um die Anbindung an die Schiene im Güter- und Personenverkehr) als Rechtsnorm verankern und in der Praxis umsetzen.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände

7.2 Im Rahmen der Landes- und Regionalplanung sind großflächige Gewerbe- und Industriegebiete vorrangig an Bahnstrecken, in größeren Zugbildungsbahnhöfen (DB InfraGO AG und NE) oder in der Nähe und mit erwiesener Anbindung an leistungsfähige multimodale Anlagen (KV und Wagenladung) auszuweisen. Im Rahmen der Bauleitplanung ist bei der Entwicklung großflächiger Gewerbe-/Industriegebiete regelmäßig die Möglichkeit eines Gleisanschlusses festzulegen.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände

Flächen für Zugangsstellen und Zuführungsgleise sichern

Im Rahmen einer Bestandsaufnahme regionaler Infrastrukturen (siehe Handlungsfeld 4) sind auch ungenutzte Flächen zu identifizieren, die eine gute Anbindung an das Schienennetz haben (könnten). Diese Flächen können für die gezielte Ansiedlung von Unternehmen mit Transportpotenzial für die Schiene genutzt werden.

Dafür kann eine Auswertung digitaler Geoinformationsdaten (z. B. aus Satellitenbildern) unterstützend eingesetzt werden. Über das System SIDING können z. B. Informationen über die Anbindungschancen von Standorten an das Schienennetz gewonnen werden. SIDING erkennt auch frühere Bahntrassen für Lade- und Zuführungsgleise bei stillgelegten/entwidmeten Anlagen sowie die Bebauungssituation im Umfeld eines (potenziellen) Zuführungsgleises.

Ebenfalls ist die Reaktivierung von Brownfield-Immobilien (derzeit brachliegende Industrie- und Gewerbeflächen) zu prüfen. Diese „Altstandorte“ waren häufig mit Gleisanschlüssen an das Schienennetz angebunden.

Von den Eisenbahnen nicht mehr benötigte Bahnanlagen und Flächen eignen sich ebenfalls zur Flächen-sicherung für neue Ansiedlungen. Sie sollten bei der Landes- und Regionalplanung sowie bei der Bauleitplanung entsprechend berücksichtigt und planerisch als Verkehrsflächen vorgehalten werden, denn sie verfügen meist über eine exzellente Lage im öffentlichen Eisenbahnnetz.

Immobilien des Bundes können eine große Bedeutung für die Entwicklung des Schienengüterverkehrs haben und sind in lokale und regionale Konzepte zur Flächensicherung einzubinden. Dafür muss der Bund bereit sein, z. B. nicht mehr benötigte bundeseigene Immobilien mit Gleisanschluss und Bahnanlagen anderen am Schienengüterverkehr interessierten Betreibern zur Verfügung zu stellen und damit von sonstigen kommerziellen Verwertungen im Sinne des übergeordneten öffentlichen Interesses Abstand zu nehmen.

Auch ist eine bessere Verzahnung der Wirtschaftsförderung mit den planerischen Ebenen anzustreben. Landes- und Regionalplanung wird empfohlen, sich verstärkt mit der Gewerbeentwicklung, insbesondere multimodaler Logistik und dem Schienengüterverkehr zu beschäftigen und die neuen Angebote aus den Handlungsfeldern 2 und 3 zu nutzen.

Zugangsstellen und öffentliche Eisenbahninfrastrukturen werden von einer Vielzahl von Betreibern vorgehalten. Es sollte ein unbürokratisches Verfahren (Frühwarnsystem) realisiert werden, in dem Kommunen und deren Planungsverbände frühzeitig und umfassend über evtl. Stilllegungsabsichten durch die Eisenbahnbehörden informiert werden.

Es sollte zudem berücksichtigt werden, dass Reaktivierungen ehemaliger Bahnanlagen oder die Wiederinbetriebnahme gewidmeter Bahnanlagen eine Alternative für weitere Flächenversiegelungen an anderen Standorten sein können. Ein Grund mehr auf weitere Stilllegungen und Entwidmungen von Bahnanlagen zu verzichten.

Maßnahmenvorschläge

7.3 Erstellen regionaler Konzepte zur strategischen Flächensicherung derzeit nicht genutzter Infrastrukturen, synchronisiert mit dem regionalen Infrastrukturkonzept (siehe Handlungsfeld 4); Bestandssicherung als Zukunftsoption priorisieren.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände, Eisenbahnen

7.4 Vermeiden weiterer Freistellungen von Bahnbetriebszwecken von Bahnanlagen und Flächen nach § 23 AEG und Rückbauverpflichtungen.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Betreiber

7.5 Proaktive Information der Kommunen und deren Planungsverbände über gefährdete Infrastrukturen in ihrer Region.
Beteiligte: Infrastrukturbetreiber, Aufsichtsbehörden, EBA, Kommunen

Zugangsstellen für die Ver-/ Entsorgung der Ballungsräume schaffen

Für Verkehre in/aus den Ballungsräumen sind besondere Herausforderungen an innerstädtische/stadtnahe Flächen und Logistik zu berücksichtigen. Hohe Immobilienpreise und beengte Platzverhältnisse sowie die Dominanz des Personenverkehrs (z. B. S-Bahn-Taktverkehre) müssen berücksichtigt werden. So könnten z. B. mehrstöckige Logistikimmobilien bahntauglich konzipiert und realisiert werden. Auch die eingesetzten Zugsysteme müssen im schnellen Personenverkehr „mitschwimmen“ können und brauchen ausreichende Ausweich- und Überholmöglichkeiten. Verstärkt zu berücksichtigen sind die Potenziale stadtnaher Häfen, Güterverkehrszentren und Industrie-/Logistikparks. Wegen der besonderen Anforderungen ist die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Kommunen, Eisenbahnen und Kunden zu intensivieren.

Maßnahmenvorschläge

7.6 Regionale Strategie für den Ausbau der Ver-/Entsorgung der Ballungsräume über die Schiene mit Unterstützung des Bundes und der Länder (z. B. zielgenaue Förderrichtlinien für Forschung, Umschlaginfrastruktur und Verkehrsprojekte) sowie Verankerung dieser Strategie in die öffentliche Planung auf kommunaler oder regionaler Ebene.
Beteiligte: Kommunen, Immobilienwirtschaft, Verbände, Bund, Länder, Eisenbahnen

Einbindung der Immobilienwirtschaft und Investoren

Die Charta empfiehlt, bei der Anbindung von Standorten an die Schiene auch die Immobilienwirtschaft, die Projektentwicklung sowie die Finanzierungs- und Investmentbranche stärker einzubinden und mit Informationen rund um die Schiene zu versorgen. Zu prüfen ist, welche Bedeutung ein eigener Gleisanschluss oder alternativ der Zugang zu multimodalen Transportsystemen künftig beim ESG(Environmental, Social & Governance)-Screening und bei entsprechenden Risiko- und Bonitätseinschätzungen haben wird. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam, das Nachhaltigkeitsmanagement der Akteurinnen und Akteure stärker einzubinden.

Zu prüfen ist auch, welchen Zugang die Immobilienwirtschaft zu Förderprogrammen des Schienengüterverkehrs bei vermieteten Immobilien hat, z. B. zur Gleisanschlussförderrichtlinie.

Folgende Fragen sind hier von Bedeutung:

  • Welches Design sollte eine Logistikimmobilie mit eigenem Gleisanschluss sinnvollerweise haben?
  • Wie kann eine Brücke zum Projektentwickler geschlagen werden?
  • Was ist bei einer Anbindung eines Standortes an die Schiene zu beachten?
  • Wie können Dienstleister-Kooperationen aufgebaut werden?
  • Welche Rolle sollten Gleisanschlüsse und der Zugang zu den Transportsystemen auf der Schiene künftig bei der Bewertung von Environmental, Social & Governance (ESG) Aspekten spielen (ESG Compliance)?
  • Welche Fördermöglichkeiten bestehen für Gleisanschlüsse von vermieteten Immobilien

Maßnahmenvorschläge

7.7. Stärkere Einbindung der Immobilienwirtschaft, der Projektentwicklung sowie der Finanzierungs- und Investmentbranche; Bereitstellen von zielgenauen Informationen.
Beteiligte:
Verbände, Kommunen, Länder, Bund

Handlungsfeld 8: Multimodale Verladestellen schaffen und ausbauen

Zum Ausbau multimodaler Verkehre werden Verladestellen mit günstiger Lage zu den Verkehrswegen und mit attraktiven Standortdienstleitungen benötigt. Diese dienen dem Umschlag von Gütern und/oder Behältern von Lkw oder Schiff auf Güterwagen und umgekehrt. Umgeschlagen werden können alle Güter, die über die Schiene transportiert werden.

Dies sind z.B.

  • Holz, Hackschnitzel, Pellets
  • Baustoffe, Steine, Erden
  • Schrotte
  • Sekundärrohstoffe wie z.B. Altpapier, Altkleidung, Altreifen, Kunststoffe
  • Abfälle wie z.B. Siedlungsabfälle
  • Kombinierter Verkehr wie z.B. Container, Trailer, Wechselbrücken, Spezialbehälter,…
  • Großraum- und Schwergüter (GST)
  • Düngemittel
  • Agrargüter wie z.B. Futtermittel, Getreide, Zuckerrüben…
  • Nässe- und temperaturempfindliche Güter (Hallen und Überdachungen) wie z.B. Papierrollen, Stahlcoils oder palettierte Güter
  • Stahlprodukte (für Außenlagerung geeignet) wie z.B. Brammen, Stabstahl, Rohre, …
  • Militärgüter
  • Fahrzeuge
  • Kohle, Eisenerz
  • Mineralöl, E-Fuels, AdBlue, LNG, Biokraftstoffe, HVO
  • Wasserstoff und CO2 (flüssig oder gasförmig)


Obwohl sie in der Regel dieselbe Funktion haben, werden unterschiedliche Bezeichnungen verwendet wie z. B. multifunktionale Anlage, Bahnterminal, Railport, Ladestelle, Ladestraße, Freiladegleise oder Umschlagterminal.

Bezogen auf den Umschlag bestehen folgende Optionen:

  • Der Betreiber bietet den Umschlag an.
  • Der Nutzer muss den Umschlag selbst organisieren.
  • Der Nutzer hat die Wahl, ob er oder der Betreiber den Umschlag durchführt.

Viele Betreiber bieten auch Lagerung und Lkw-Hausverkehre an.

Multimodale Verladestellen werden von Speditionen, Eisenbahnen, Häfen, Umschlagbetrieben, Kommunen oder privaten Gleisanschließern betrieben. Sie sollten möglichst flächendeckend über das Bundesgebiet verteilt sein, um den Lkw-Wegeanteil so kurz wie möglich zu halten. Deutschland verfügt vielerorts bereits über ein gutes Angebot an multimodalen Verladestellen, in manchen Regionen fehlen diese aber.

Um den Bedarf zu decken und neue Märkte (wie z. B. Wasserstofftransporte) zu erschließen, sollten die vorhandenen Verladestellen in ihrem Bestand gesichert und, wo möglich und sinnvoll, zu multifunktionalen Verladestellen mit einem nachfrageorientierten Dienstleistungsangebot ausgebaut werden.

Die Regionen können den Bedarf an multimodalen Verkehren in der regionalen Wirtschaft ermitteln und anhand des Bestandes beurteilen, ob in ihrer Region Bedarf an einem Neu-/Ausbau von Verladestellen besteht (siehe Handlungsfeld 4).

Durch die Zusammenarbeit der Betreiber von Verladestellen in einer Region und in der erweiterten Nachbarschaft können zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden. Den Betreibern wird empfohlen, ihre Verladestelle offensiv zu bewerben, um deren Bekanntheit zu erhöhen.

Interessant sind auch Einrichtungen zur Energieaufnahme von Eisenbahn- und Straßenfahrzeugen, z.B. um klimafreundliche Antriebsarten in der gesamten Transportkette einzusetzen (Elektrifizierung bis an/ in die Verladestelle, alternative Lkw-Antriebe etc.). Hier sollte geprüft werden, ob deren Einrichtung auch im Rahmen staatlicher Förderprogramme für multimodale Schienensysteme mitgefördert werden können.

Die Mitzeichner der Gleisanschluss-Charta werden branchenübergreifend die Anforderungen an multimodale Verladestellen definieren. Dabei geht es um die räumliche Lage und die Dienstleistungen, die in den einzelnen Branchen nachgefragt werden. Zusätzlich werden auch die staatlichen Auflagen für deren Betreiber katalogisiert.
Multimodale Verladestellen können auch gezielt unterstützt werden, indem sie bei staatlichen Auflagen entlastet werden und von Planungsbeschleunigungen profitieren.

Eine weitere Option ist die Einrichtung von temporären Verladestellen (z. B. für die Versorgung von Baustellen oder die Verladung saisonaler Agrargüter), bei denen Vereinfachungen bei Genehmigung/Auflagen und beschleunigte Verfahren anzustreben sind.

Beim Neu- und Ausbau von Gewerbe-, Industrie- und Logistikstandorten sollte die Materialzufuhr sinnvollerweise über Verladestellen innerhalb dieser Standorte organisiert werden, z.B. in dem man zuerst das Gleis und die Ladestellen baut und danach erst die weiteren Gebäude/Anlagen.

Auch sind manche Betreiber nichtöffentlicher Gleisanschlüsse bereit, eine Drittnutzung zuzulassen. Für diese sollten entsprechende Anreize und Rahmenbedingungen geschaffen werden (siehe Handlungsfeld 11).

In der Gleisanschlussförderrichtlinie sollte bei den multifunktionalen Anlagen unbedingt ein höherer KV-Anteil zugelassen werden. Ansonsten besteht eine Förderlücke, wenn eine Verladestelle mehr als 50 Prozent KV-Ladeeinheiten umschlägt, aber im Rahmen der KV-Förderrichtlinie nicht förderfähig ist (siehe auch Vorschlag 10.5).

In den angesprochenen Förderprogrammen sollten daher alle Umschlagarten im Rahmen multimodaler Verkehre gleichgestellt werden. Nur dann kann es gelingen, ein am Bedarf ausgerichtetes und gleichzeitig flächendeckendes Netz an multimodalen Verladestellen aufzubauen.

Bei bestimmten Technologien für den horizontalen Umschlag von Behältern befindet sich ein Teil der erforderlichen Umschlageinrichtungen am Güterwagen und/oder Lkw. Diese Systeme ermöglichen, dass man über einfache, kundennahe Verladestellen mit wenig Fläche, mit geringen Investitionen in Infrastruktur und ohne stationäre Umschlagtechnik umschlagen kann. Derzeit ist die Förderung von speziellen Umschlageinrichtungen an Fahrzeugen von der Förderung ausgenommen.

In Bezug auf die Akzeptanz von Verladestellen bei der benachbarten Bevölkerung bedarf es politischer und wissenschaftlicher Unterstützung. Grundsätzlich wird die Bevölkerung in einer Region durch eine Verladestelle vom Straßengüterverkehr entlastet. Dieser Vorteil wird aber häufig nur pauschal dargestellt. Anhand von Vergleichsrechnungen könnte z. B. nachgewiesen werden, wie sich eine Verladestelle auf Faktoren wie Verkehrslage, Verkehrssicherheit, Klimaschutz und Energiesparen in einer Region konkret auswirken könnte. Damit könnte evtl. Partikularinteressen von Anwohnerinnen und Anwohnern entgegengetreten und eine deutliche Mehrheit in einer Region für eine Verladestelle gewonnen werden.

Maßnahmenvorschläge

8.1 Betreiberübergreifende Berücksichtigung aller multimodalen Verladestellen bei der Realisierung regionaler Infrastrukturkonzepte und verstärkter Dialog über die Standorte und Dienstleistungen von multimodalen Verladestellen in einer Region bzw. in der Nachbarschaft.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände, Regionale Akteurinnen und Akteure

8.2 Erhalt und Neu-/Ausbau multimodaler Verladestellen und Erweiterung des Dienstleistungsangebotes wie z. B. Umschlag, Lagerung und Lkw-Hausverkehr.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände, Eisenbahnen

8.3 Multimodalitätscheck der Gleisanschlussförderrichtlinie und KV-Förderrichtlinie; Weiterentwicklung der Förderprogramme in Richtung Gleichstellung aller multimodalen Zugangsstellen.
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände

8.4 Entlastung multimodaler Verladestellen von staatlichen Auflagen und Begünstigung bei der Planungsbeschleunigung (insbesondere bei temporärer Einrichtung und Nutzung).
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände

8.5 Investitionen in Umschlageinrichtungen am Güterwagen und am Straßenfahrzeug bei horizontalen Umschlagsystemen über multimodale Verladestellen förderfähig machen.
Beteiligte: Bund, Länder, Verbände

8.6 Akzeptanz bei der Bevölkerung und Kommunen erhöhen durch konkrete Berechnungsmodelle über die Vorteile einer Verladestelle für die gesamte Region.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Verbände, Wissenschaft, Beratungsunternehmen

Handlungsfeld 9: Trimodale/multimodale Knoten stärken

See- und Binnenhäfen, Güterverkehrszentren und größere Industrie-/Logistikstandorte sind Heimat vieler Gleisanschlüsse und multimodaler Verladestellen. Sie konzentrieren Zugangsstellen, sind die wichtigsten Bündelungspunkte für die Schiene und stellen eine Alternative für eine zu starke Streuung von Zugangsstellen in einer Region dar.

Um ihrer wachsenden Bedeutung für die Schiene gerecht zu werden, sind diese logistischen Knoten stärker in den Mittelpunkt bundesweiter und regionaler Verkehrsplanungen/-konzepte zu nehmen. Die Charta empfiehlt der Wirtschaft, Infrastrukturen und Dienstleistungen an diesen Standorten noch stärker zu nutzen. Politik und öffentliche Verwaltung (insbesondere Wirtschaftsförderung und Raumplanung) wird empfohlen, diese Knoten stärker in die eigenen Aktivitäten zu integrieren. Auch bei der Ansiedlungspolitik der Kommunen sollten verfügbare Flächen in den Knoten eine zentrale Rolle spielen.

Die Benachteiligung anschlussgewährender Eisenbahnen im veränderten Anschlussrecht nach AEG § 13 (siehe Handlungsfeld 10) sowie die Nichtberücksichtigung von Aus-/ Neubaumaßnahmen in Häfen im SGFFG (siehe Handlungsfeld 5) treffen vor allem die multimodalen/ trimodalen Knoten.

Die Gleisanschlussförderrichtlinie ist für Werksbahnen an den größeren Industriestandorten meist unattraktiv. Mengenverpflichtungen und weitere Einschränkungen hemmen regelmäßig private Investitionen.

Bei der Anlagenpreisförderung sind öffentlich zugängliche Zugbildungsgleise bei Hafen- und Werksbahnen von der Förderung ausgeschlossen, obwohl darüber erhebliche Einzelwagenverkehre abgewickelt werden.

Die Verdrängung z. B. von bestehenden Hafeninfrastrukturen und Industrie-/Logistikstandorten schadet dem Schienengüterverkehr, insbesondere wegen ihrer meist sehr guten Anbindung an das Schienennetz. Die Kommunen sollten den Wert dieser Knoten für die Versorgung ihrer Region über die Schiene berücksichtigen.

Bei der Stärkung dieser Knoten müssen alle Verkehrsträger gleichermaßen berücksichtigt werden, sonst können verkehrsträgerübergreifende Transportlösungen im Wettbewerb nicht bestehen. Im Straßenverkehr sind dies z.B. Einschränkungen durch Kreisverkehre, Verkehrsberuhigungen und marode Autobahnbrücken. Bei der Wasserstraßen besteht ebenfalls Investitionsbedarf, z.B. bei Schleusen.

Die Eisenbahnen öffentlicher Häfen (EöH) im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) haben gemeinsam mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und dem Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) im April 2022 „Schienenpolitische Vorschläge der deutschen See- und Binnenhäfen für eine erfolgreiche Verkehrswende“ veröffentlicht.

Die Gleisanschluss-Charta unterstützt diese schienenpolitischen Vorschläge und regt an, diese auch in der Nationalen Hafenstrategie des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zu berücksichtigen. Die Mitzeichner der Charta regen an, weitere Vorschläge der Gleisanschluss-Charta mit Bezug zu den Häfen in die Nationale Hafenstrategie aufzunehmen.

Des Weiteren empfiehlt die Charta die Novellierung des Masterplans Güterverkehr und Logistik unter besonderer Berücksichtigung der dortigen Maßnahmenbereiche „Mehr Verkehr auf Schiene und Binnenwasserstraße“ sowie „Verstärkter Ausbau von Verkehrsachsen und -knoten“.

Maßnahmenvorschläge

9.1 Stärkung trimodaler/multimodaler Knoten in der Verkehrspolitik und Regionalplanung.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Verbände

9.2 Verbesserung der Anbindung trimodaler/multimodaler Knoten an das überregionale Schienennetz.
Beteiligte: Bund, Länder, Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Verbände

9.3 Förderprogramme des Bundes im Hinblick auf Stärkung der Knoten weiterentwickeln, z. B. SGFFG, Gleisanschlussförderung, Anlagenpreisförderung.
Beteiligte: Bund, Verbände

9.4 Umsetzen der Vorschläge der „Schienenpolitischen Vorschläge der deutschen See- und Binnenhäfen für eine erfolgreiche Verkehrswende“; Novellierung des „Masterplans Güterverkehr und Logistik“.
Beteiligte:
Bund, Länder, Kommunen, Infrastrukturbetreiber, Verbände