Ziel 3: Rahmenbedingungen für Gleisanschlüsse und Verladestellen verbessern

Auch die Gleisanschluss-Charta 2024 setzt sich für bessere Rahmenbedingungen für die Betreiber von Zugangsstellen ein. Bei den gesetzlichen Bestimmungen sollte der Staat beachten, dass deren Betreiber in aller Regel keine Eisenbahnen sind. An vielen Stellen überfordert er diese und greift damit zum Nachteil der Schiene in den Wettbewerb zur Straße ein.

Handlungsfeld 10: Gleisanschlussförderung weiter optimieren

Die Gleisanschlussförderrichtlinie ist eine wichtige Grundlage für den Erhalt und die Schaffung von Zugangsstellen. Sie fördert die Errichtung, die Reaktivierung, den Ausbau und den Ersatz von Gleisanschlüssen einschließlich Anschlussweiche, von multifunktionalen Anlagen für den Umschlag Schiene/Straße sowie von Zuführungs- und Industriestammgleisen zu Gleisanschlüssen.

Die Mitzeichner der Charta danken dem Bund für sein finanzielles Engagement und begrüßen es, dass das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zahlreiche Vorschläge der Gleisanschluss-Charta 2019 in der Richtlinie, die am 1. März 2021 in Kraft getreten ist, berücksichtigt hat.

Für die nächste Evaluierung unterbreitet die Gleisanschluss-Charta wieder konkrete Verbesserungsvorschläge, um die Förderung noch attraktiver zu machen.

Maßnahmenvorschläge

10.1 Ein zentraler Hinderungsgrund für die Inanspruchnahme der Fördergelder ist die notwendige langfristige Mengengarantie. Diese Verpflichtung können viele Unternehmen nicht eingehen. Eine Lösung könnte die Erweiterung des Nachweiszeitraums von derzeit 10 Jahren auf 15 Jahre sein. Auch eine (teilweise) Befreiung von Rückzahlungsverpflichtungen in definierten Fällen könnte Abhilfe schaffen.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.2 Die mit der aktuellen Förderrichtlinie ermöglichte Absicherung durch Grundschulden anstelle einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft greift nur bei Unternehmen, die die verlangte Erstrangigkeit einräumen können. Dem stehen aber häufig Einschränkungen entgegen, sei es aufgrund der Bestimmungen des Erbbaurechtsgesetzes oder weil die erste Rangstelle bereits der Absicherung von (Bau-)Krediten dient. Es sollten daher weitere Formen von Sicherheiten (z. B. Ausfallbürgschaften) zur Absicherung einer möglichen Rückzahlungsverpflichtung bzw. ein kompletter Verzicht darauf geprüft werden.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.3 Abstellflächen und Zufahrtsstraßen sind Teil der Investitionen in einen Gleisanschluss. Zu knapp bemessene Abstellflächen bedeuten wie zu kurze Ladegleise meist längere Umlaufzeiten der Güterwagen und höheren Personalbedarf wegen Mehrfachbedienungen. Diese betrieblichen Ressourcen der EVU werden aber für die Verkehrsverlagerung benötigt. Ihre Nichtberücksichtigung erhöht den Eigenanteil und verschlechtert die Aussichten, Verkehre auf die Schiene zu verlagern.

Ebenfalls sollten bei Abstellflächen für den (bislang nicht förderfähigen) Umschlag zwischen Schiene und Schiff auch die Größenordnungen der Schiffe berücksichtigt werden.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.4 Die Kosten sämtlicher Infrastruktureinrichtungen für den Anschluss an das benachbarte (meist) öffentliche Eisenbahnnetz sollten zu 100 Prozent vom Bund übernommen werden (siehe Handlungsfeld 11).
Beteiligte: Bund, Verbände

10.5 Weiterentwicklung der Gleisanschlussförderrichtlinie für multifunktionale Anlagen, insbesondere mehr Flexibilität schaffen für den Umschlag modularer Behältersysteme z. B. genormter oder nicht genormter Ladeeinheiten (siehe Handlungsfeld 8). Erhöhung der starren 50-Prozent-Grenze zumindest in einzelnen Jahren der Laufzeiten und der Verpflichtungszeiträume sowie transparente Berücksichtigung der Verkehrsabwicklung, z. B. Beförderung genormter Ladeeinheiten in Produktionssystemen des Wagenladungsverkehrs.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.6 Verzicht auf Mengenverpflichtungen bei multifunktionalen Anlagen und dafür Einführung eines Antrages auf Standortklärung analog Ziffer 5.2 der KV-Förderrichtlinie.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.7 Streichen der Pflicht zur Vorlage eines Infrastrukturanschluss-Vertrages bei der Antragstellung, da das Anschlussrecht in § 13 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) geregelt ist.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.8 Gleisanschlussförderungen auch für kommunale Infrastruktur im Eigenbetrieb ermöglichen. Öffentlich-rechtliche Körperschaften sollten daher als Förderberechtigte aufgenommen werden.
Beteiligte: Bund, Verbände

10.9 Analog zur KV-Förderrichtlinie könnte folgender Passus aufgenommen werden: „Die zuständige Bewilligungsbehörde unterstützt Interessenten und Antragsteller vor Antragstellung und im Bewilligungsverfahren.“
Beteiligte: Bund, Verbände

10.10 Die „Unbedenklichkeit zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn“ sollte förderfreundlicher geregelt werden. Hier sollte ein reduzierter Antragsumfang, z. B. vergleichbar mit dem Antrag auf Standortklärung in der KV-Förderung, ausreichen.
Beteiligte: Bund, Verbände

Vereinfachung der Förderungsbeantragung

Maßnahmenvorschläge

10.11 Der Antragsprozess sollte digitalisiert werden inkl. Assistenzfunktionen bei der Dateneingabe sowie Prüfung auf Vollständigkeit und Richtigkeit des Antrages. Damit kann auch eine bessere Qualität der Anträge erreicht werden. Weiterhin ist zu prüfen, ob Förderanträge vereinfacht werden können.
Beteiligte: EBA, Verbände, Bund

10.12 Die Komplexität des Antragsverfahrens erfordert vielfach eine kostenintensive externe Beratung, die viele potenzielle Antragsteller abschreckt. Um erste Berührungsängste abzubauen, ist die Erstellung eines Förderleitfadens sinnvoll.
Beteiligte: EBA, Verbände, Bund

10.13 Hilfreich wäre die Einrichtung eines Förderrechners, der unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen eine erste grobe Einschätzung der möglichen Förderhöhe gibt. Damit könnte der Antragsteller seine Chancen vor Beantragung besser einschätzen.
Beteiligte: EBA, Verbände, Bund

Förderrichtlinie noch bekannter machen

Maßnahmenvorschläge

10.14 Die mitzeichnenden Verbände unterstützen wieder bei der Bewerbung der neuen Förderrichtlinie.
Beteiligte: Verbände mit Unterstützung von EBA und Bund

Handlungsfeld 11: Kosten von Infrastrukturanschlüssen senken und diese bedarfsgerecht ausstatten

Infrastrukturanschlüsse verbinden einzelne Infrastrukturen miteinander und verknüpfen diese zu einem betreiberübergreifenden Netzwerk. Ohne sie können keine Schienentransporte von Ladestelle zu Ladestelle durchgeführt werden. Je verzweigter und betreiberübergreifender das Schienennetz in einer Region ist, desto mehr Infrastrukturanschlüsse bestehen dort.

Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen können anschließen an:

  • ein Nebengleis in einem Bahnhof der DB InfraGO AG oder einer NE
  • ein Hauptgleis in einem Bahnhof der DB InfraGO AG oder einer NE
  • eine freie Strecke der DB InfraGO AG oder einer NE (Ausweichanschlussstelle = Awanst)
  • eine Hafeneisenbahn
  • ein Industriestammgleis
  • eine Werksbahn/ einen anderen Gleisanschluss
  • ein Güterverkehrszentrum

Infrastrukturanschlüsse existieren bekanntermaßen auch im Straßennetz. So kann z. B. jede Zufahrt zu einer Liegenschaft als Straßen-Infrastrukturanschluss definiert werden. Allerdings wird auf der Straße in der Regel Asphalt mit Asphalt verbunden, weswegen die Kostenlast in Zukunft weiter stabil bleiben wird.

Schienen-Infrastrukturanschlüsse sind wegen der hohen Sicherheitsauflagen bei den Eisenbahnen technisch sehr anspruchsvoll und kosten im Bau, Erhalt sowie laufenden Betrieb deutlich mehr als Straßen-Infrastrukturanschlüsse.

Der Bund hat zwar im September 2021 den § 13 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) zugunsten der Gleisanschließer und Betreiber multimodaler Verladestellen geändert. Ebenfalls beteiligt er sich im Rahmen der Gleisanschlussförderrichtlinie anteilig an den Kosten für Erneuerung und Neubau von Anschlusseinrichtungen.

Die Gesetzesänderung und die Förderung sind aber nur ein erster Schritt in die richtige Richtung und bedürfen weiterer Verbesserungen. Ziel muss es sein, faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber der Straße mit den deutlich geringeren Kostenbelastungen für einen Infrastrukturanschluss herzustellen.

Eisenbahnen durch zusätzliche Kosten belastet

Durch die Gesetzesänderung wurde die Kostenlast auf die „anschlussgewährenden“ Eisenbahnen verschoben, ohne dass diese einen staatlichen Ausgleich dafür erhalten. Dieser staatliche Eingriff trifft vor allem netzwerkbildende Eisenbahnen, die viele Infrastrukturanschlüsse mit Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen haben. Dies sind z. B. die DB InfraGO AG, NE-Infrastrukturunternehmen inkl. Häfen und Kommunen als Betreiber von Industriestammgleisen. Gerade diese Infrastrukturbetreiber sorgen für die Anbindung von Zugangsstellen an das Schienennetz und sind deshalb elementar für eine bedarfsgerechte Ausstattung der Regionen mit Schieneninfrastruktur.

Der Staat sollte sicherstellen, dass den „anschlussgewährenden“ Eisenbahnen keine Mehrkosten wegen erfolgter oder weiterer Gesetzesänderungen entstehen, z. B. durch einen entsprechenden Ausgleich in den bestehenden Finanzierungs- und Förderinstrumenten.

Definition von „erforderlichen Anschlusseinrichtungen“ notwendig

Das Gesetz enthält keine Klarstellung, was unter einer „erforderlichen Anschlusseinrichtung“ zu verstehen ist. Hier gehen die Interpretationen der Vertragsparteien teilweise deutlich auseinander und das sorgt für Streitfälle. Bei der Erforderlichkeit von Anschlusseinrichtungen sollten die Interessen des Infrastrukturbetreibers, des operativen Bahnbetriebes der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und des Betreibers der Zugangsstelle gleichermaßen berücksichtigt werden.

Damit ein Infrastrukturanschluss nicht zum Kapazitätsengpass für Mehrverkehre wird, sollte er bedarfsgerecht dimensioniert und ausgestattet sein. Ziel sollte es auch sein, die Betriebskosten der bedienenden EVU durch sinnvolle Investitionen in die Infrastruktur zu senken. Auch hier können entsprechende Kosten-Nutzenberechnungen als Entscheidungshilfe für die Politik realisiert werden.

Eisenbahninfrastruktur wird noch intelligenter

Die Eisenbahninfrastruktur soll noch technischer und vor allem digitaler werden, was auch Auswirkungen auf Anschlusseinrichtungen wie Weichen, Gleissperren und Signaltechnik haben wird. Es muss damit gerechnet werden, dass technische Modernisierungen inkl. Digitalisierung die Anschlusskosten sehr deutlich erhöhen könnten. Kunden und Bahnbranche benötigen belastbare Informationen über die zu erwartenden Mehrkosten für bestehende und neue Infrastrukturanschlüsse. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Betreiber und Nutzer der Strecken von einer technischen Modernisierung profitieren und nicht der Betreiber, der mit seiner Infrastruktur an diese Strecke anschließt.

Damit Zugangsstellen entlang der Strecken mit European Train Control System (ETCS), Elektronischen Stellwerken (ESTW) und Digitalen Stellwerken (DSTW) erhalten bleiben bzw. neu entstehen können, muss die Kostenbelastung für deren Betreiber gegenüber einem Straßen-Infrastrukturanschluss vertretbar und wettbewerbsfähig sein.

Zwar schreibt der Gesetzgeber in der Begründung zum neuen § 13 AEG, dass bei bestehenden Infrastrukturanschlüssen Mehrkosten durch technische Modernisierung von Streckenabschnitten nicht an die Anschließer weitergereicht werden dürfen. Kommt es aber Jahrzehnte nach der Modernisierung zu einer Erneuerung von Anschlusseinrichtungen, müsste folgerichtig auch der „technische Stand vor der ersten Modernisierung“ für die 50%-Kostenbeteiligung des Anschließers herangezogen werden. Und dieser technische Stand müsste dann auf unbestimmte Zeit für alle weiteren Erneuerungen von Anschlusseinrichtungen gelten. Hierzu fehlt es allerdings an entsprechender Aussagen im Gesetz und evtl. an entsprechenden Finanzierungsmittel für den Streckenbetreiber.

Bei neuen Infrastrukturanschlüssen an eine technisch modernisierte Strecke greift der gesetzliche Schutz gar nicht und der Anschließer muss die „höheren Kosten“ zu 50% selbst tragen. Einen Anspruch auf Förderung seines Kostenanteils haben weder private Gleisanschließer nach der Gleisanschlussförderrichtlinie noch öffentliche NE-EIU nach SGFFG.

In Einzelfällen kann es auch zu enormen Sprungkosten bei neuen bzw. reaktivierten Infrastrukturanschlüssen kommen, z.B. wenn durch den Anschluss an das bestehende Hauptgleis ein ESTW erweitert werden muss (Software und/oder Hardware) oder das personenbediente Stellwerk zwar noch ausreichend dimensioniert ist, aber die lokalen automatischen Stellwerke nicht mehr ausreichen oder wenn sich die Anpassung eines mechanischen Stellwerkes oder elektromechanischen Stellwerkes nicht mehr lohnt oder mangels Teilen nicht mehr möglich ist.

Auch ist zu kritisieren, dass das neue Anschlussrecht besonders die Betreiber von Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen besserstellt, die gar keinen Verkehr über ihren Anschluss abwickeln. Auch diese Anschließer müssen keine laufenden Kosten tragen und die für sie vorgehaltenen Anschlusseinrichtungen haben wegen fehlender Nutzung evtl. eine längere Nutzungsdauer.

Die Gleisanschluss-Charta empfiehlt, dass sich der Staat deutlich stärker an den Kosten für die Schienen-Infrastrukturanschlüsse beteiligt, idealerweise mit einer 100-Prozent-Finanzierung aller erforderlichen Anschlusseinrichtungen. Ersatzweise könnte der Staat aus intermodalen Wettbewerbsgründen regeln, dass die Betreiber von Gleisanschlüssen und Verladestellen nur die Kosten eines vergleichbaren Straßen-Infrastrukturanschlusses zu tragen haben und der Staat die Mehrkosten des Schienen-Infrastrukturanschlusses trägt.

Maßnahmenvorschläge

11.1 Deutlich stärkere finanzielle Beteiligung des Staates an den vergleichsweise hohen Kosten für einen Schienen-Infrastrukturanschluss, im Idealfall 100-Prozent-Finanzierung aller Kosten für alle erforderlichen Anschlusseinrichtungen oder Ausgleich der Mehrkosten eines Schienen-Infrastrukturanschlusses im Vergleich zu einem Straßen-Infrastrukturanschluss.
Beteiligte: Bund, Länder

11.2 Ausgleich von Mehrkosten für anschlussgewährende Eisenbahnen, die durch die Änderung des § 13 AEG entstanden sind, z. B. durch Mittelbereitstellungen in der LuFV, im BSWAG, im SGFFG oder in der von der Beschleunigungskommission Schiene vorgeschlagenen Fondslösung.
Beteiligte: Bund

11.3 Gesetzliche Regelung treffen, was unter einer „erforderlichen Anschlusseinrichtung“ zu verstehen ist, mit dem Ziel Infrastrukturanschlüsse bedarfsgerecht auszustatten, damit sie keine Engpässe darstellen. Für den Streitfall Entscheidungsgrundlagen für Behörden und Gerichte schaffen.
Beteiligte: Bund

11.4 Gesetzliche Regelung, wie bei bestehenden und künftigen Infrastrukturanschlüssen mit Kostensteigerungen im Zusammenhang mit ETCS, ESTW und DSTW umzugehen ist, inkl. Übernahme evtl. Sprungkosten. Sicherstellen, dass wegen ETCS, ESTW und DSTW keine Zugangsstellen aufgegeben werden müssen und sich deren Erreichbarkeit nicht grundsätzlich verschlechtert.
Beteiligte: Bund

Handlungsfeld 12: Bürokratie abbauen und Regularien vereinfachen

Bau und Betrieb von privaten Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Bau und Betrieb von Zugangsstellen sind im Vergleich zur Straße deutlich komplizierter und bürokratischer.

Seit Veröffentlichung der ersten Gleisanschluss-Charta 2019 sind keine Verbesserungen feststellbar, obwohl bei den landesrechtlichen Bestimmungen unverändert großer Bedarf nach Modernisierung, Vereinfachung und Standardisierung besteht.

Erfreulicherweise hat der Bund zahlreiche Vorschläge der Beschleunigungskommission Schiene zur Planungsbeschleunigung aufgegriffen. Die Gleisanschluss-Charta regt an, auch die Empfehlungen mit Bezug zu Gleisanschlüssen, multimodalen Verladestellen und vorgelagerten Infrastrukturen entsprechend umzusetzen.

Maßnahmenvorschläge

12.1 Modernisierung, Vereinfachung und Vereinheitlichung des Landesrechts/Standardisierung der Genehmigungs- und Planungsverfahren (Landeseisenbahngesetze, Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbahnen (BOA) / Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung für Anschlussbahnen (EBOA)).
Beteiligte: Länder, Verbände

12.2 Vorschläge der Beschleunigungskommission Schiene mit Bezug zu Gleisanschlüssen, multimodalen Verladestellen und vorgelagerten Infrastrukturen umsetzen.
Beteiligte: Bund, Verbände

Regulierung von privaten Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen

Im Regulierungsrecht gibt es erhebliche Ungleichbehandlungen mit der Straße, wo Infrastrukturen im Privateigentum vom Regulierungsrecht ausgenommen sind. Im Schienengüterverkehr dagegen unterliegen auch private Betreiber von Infrastrukturen dem Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG), wenn darüber nicht ausschließlich eigener Güterverkehr abgewickelt wird. Das betrifft insbesondere Speditionen und Umschlagbetriebe, aber auch Industrie- und Handelsunternehmen, wenn sie Dritten die Mitnutzung ihres privaten Gleisanschlusses über ein gesetzlich nicht festgelegtes Maß hinaus gewähren.

Die Bundesnetzagentur reguliert private Betreiber erkennbar mit Augenmaß und die Gleisanschluss-Charta begrüßt dies ausdrücklich. Dennoch sollte der Gesetzgeber Erleichterungen für private Infrastrukturbetreiber vorsehen und Ungleichbehandlungen mit der Straße abbauen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung, um private Investitionen in Gleisanschlüsse und multimodale Verladestellen anzuregen.

Bei den multimodalen Verladestellen und Zuführungsgleisen sollte nach der strategischen Bedeutung für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarktes unterschieden werden. Das ERegG ermöglicht zwar in bestimmten Fällen Erleichterungen, allerdings bedarf es dazu eines Antrages des Betreibers. Die meisten Betreiber sind allerdings keine Eisenbahnen und kennen sich mit der Eisenbahnregulierung nicht aus. Die Gleisanschluss-Charta regt an, Erleichterungen für Betreiber von multimodalen Verladestellen und Zuführungsgleisen entweder gleich im Gesetz zu definieren oder ersatzweise einen leicht verständlichen Leitfaden für Befreiungsanträge in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur zu erstellen.

Maßnahmenvorschläge

12.3 Mitnutzung von Gleisanschlüssen vereinfachen auch durch Erleichterungen im Regulierungsrecht.
Beteiligte: Bund, Bundesnetzagentur, Verbände

12.4 Regulierung von öffentlichen Güterterminals und Zuführungsgleisen nach ihrer strategischen Bedeutung ausrichten. Anpassung des Eisenbahnregulierungsgesetzes und/oder Erstellen eines leicht verständlichen Leitfadens für Befreiungsanträge.
Beteiligte: Bund, Bundesnetzagentur, Verbände

Eisenbahnkreuzungsgesetz vs. Reaktivierung/ Neubau von Zuführungsgleisen

Nach § 2 (2) Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) sind neue Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen als Überführungen herzustellen. In Einzelfällen, insbesondere bei schwachem Verkehr (in der Regel höchstens 100 Kfz pro Tag), kann die Anordnungsbehörde Ausnahmen zulassen. Diese Regelung kann ein sehr großes Hemmnis für die Realisierung neuer Zugangsstellen sein, denn gerade im Straßenverkehr ist selten von schwachem Verkehr auszugehen.

Denkbar wäre z. B. eine Regelung, wonach höhengleiche Kreuzungen dann zulässig sind, wenn auf dem Gleis ausschließlich Rangierfahrten stattfinden, also auf Sicht gefahren wird. Die Anordnungsbehörde könnte dann entscheiden, welche Sicherungsmaßnahmen an der Kreuzung mindestens zu treffen sind.

Maßnahmenvorschläge

12.5 Austausch mit dem Gesetzgeber und den Anordnungsbehörden über die Anwendung des § 2 (2) Eisenbahnkreuzungsgesetz.
Beteiligte: Bund, Genehmigungsbehörden, Verbände

Handlungsfeld 13: Baumaßnahmen und Verkehrswachstum in Einklang bringen

In den letzten Jahrzehnten wurde nicht genügend in die bundeseigene Infrastruktur investiert, weswegen erheblicher Sanierungsbedarf besteht. Damit die Schiene überhaupt Mehrverkehre im gewünschten Ausmaß aufnehmen kann, muss zwingend gebaut werden und das sehr viel.

Eine besondere Herausforderung liegt darin, Baumaßnahmen und Verkehrswachstum miteinander in Einklang zu bringen. Das kann nur gelingen, wenn alle Akteure im Schienengüterverkehr frühzeitig in die Planungen der DB InfraGO AG eingebunden werden.

Während der einzelnen Baumaßnahmen darf es nicht zu großen Kapazitätseinschränkungen kommen, z. B.

  • durch (zeitweises) Abnabeln von Infrastrukturanschlüssen (z. B. Gleisanschlüsse, multimodale Verladestellen, Häfen, Güterverkehrszentren und NE-Infrastrukturbetreiber),
  • auf überlasteten Umleitungsstrecken,
  • durch nicht besetzte Stellwerke infolge von fehlendem Personal,
  • durch überlastete Bahnhöfe im Umfeld von Baustellen.

Die Gleisanschluss-Charta erinnert an den Abschlussbericht des Runden Tisches Baustellenmanagement, in dem zahlreiche Vorschläge für ein kundengerechtes Bauen unterbreitet wurden. 

Die angesprochenen Punkte gelten vor allem im Zusammenhang mit der angekündigten Generalsanierung des Hochleistungsnetzes. Hier soll es über einen mehrjährigen Zeitraum zu monatelangen Sperrungen ganzer Streckenabschnitte kommen. Neben den Zugkapazitäten auf Umleitungsstrecken ist auch über die Erreichbarkeit von Zugangsstellen entlang der gesperrten Streckenabschnitte und entlang der Umleitungsstrecken zu sprechen.

Dialogbedarf besteht nicht nur zwischen der DB InfraGO AG und ihren EVU-Kunden. Vielmehr sind alle Betreiber von Zugangsstellen und vorgelagerten Infrastrukturen entlang der betroffenen Streckenabschnitte inkl. Umleitungsstrecken in den Dialog einzubinden, also auch Betreiber von Gleisanschlüssen, multimodalen Verladestellen, See- und Binnenhäfen, Güterverkehrszentren, Industrie-/Logistikstandorten, Industriestammgleisen und NE-Infrastrukturen. Einzubeziehen sind zudem Betreiber, die selbst keinen Infrastrukturanschluss mit der DB InfraGO AG haben, sondern an andere Infrastrukturen anschließen. Bei der Identifikation betroffener Akteure könnte neben den Anschluss-/ Nutzungsverträgen der DB InfraGO AG auch das bereits vorgeschlagene Kataster der privaten Gleisanschlüsse und multimodalen Verladestellen helfen (siehe Handlungsfeld 4).

Gemeinsam mit diesen Akteurinnen und Akteure sind betriebliche Ersatzkonzepte zu besprechen, damit die betroffenen Zugangsstellen während einer Streckensperrung von den EVU weiter angefahren werden können.

Können Versorgungsengpässe über die Schiene durch Ersatzkonzepte nicht verhindert werden, müssen sich die Kunden darauf einstellen können.

Sind die Lieferengpässe über die Schiene während einer Streckensperrung gravierend oder unterbleibt ein solcher Dialog, ist zu befürchten, dass der LKW nach erfolgreichem „Schienenersatzverkehr“ dauerhaft im Einsatz bleibt.

Maßnahmenvorschläge

13.1 Die Erreichbarkeit von Gleisanschlüssen und multimodalen Verladestellen muss im Sinne einer Grundversorgung auch während einer Streckensperrung sichergestellt werden. Dafür sind entsprechende Ersatzkonzepte zu vereinbaren.
Beteiligte: DB InfraGO AG, Verbände, Akteurinnen und Akteure des Schienengüterverkehrs mit Unterstützung des Bundes

13.2. Eine breit angelegte und rechtzeitige Kommunikation und Abstimmung mit allen betroffenen Akteurinnen und Akteure des Schienengüterverkehrs ist sicherzustellen.
Beteiligte: DB InfraGO AG, Verbände, Akteurinnen und Akteure des Schienengüterverkehrs mit Unterstützung des Bundes

13.3 Neben Kapazitäten auf Umleitungsstrecken sind zudem ausreichende Kapazitäten in vorgelagerten Bahnhöfen und Zulaufstrecken vorzuhalten.
Beteiligte: DB InfraGO AG, Verbände, Akteurinnen und Akteure des Schienengüterverkehrs mit Unterstützung des Bundes